Mein Praxissemester und die Vieldeutigkeit von Liebe und Glück

Mein Praxissemester und die Vieldeutigkeit von Liebe und Glück

„hallo david.bin schon sehr lange abhängig von pornografischen bildern und weiß nicht was ich mehr tun soll.auch mein gebet hat nichts geholfen sondern alles nur noch schlimmer gemacht.weißt du einen rat???? „ (anonymes Zitat aus einem online Kurs).

KarteDer Wunsch nach dem dauerhaften Glück
Solche und ähnliche Zitate hört und liest man beim Weissen Kreuz e.V. täglich. Es sind jährlich tausende Hilferufe von Frauen und Männern in Deutschland, die erkannt haben, dass sie ohne sexuell stimulierende Bilder und Videos nicht mehr leben können. Dabei so scheint es, sind Pornografie und sex sells längst in der gesellschaftlichen Mitte angekommen. Freizügige Werbung, free Porn und legalisierte Prostitution machen Deutschland zu einer der freizügigsten Länder dieser Welt. Doch bei all der liberalen Freiheit, gelingt es immer noch nicht eigene gescheiterte sexuelle Biografien anzusprechen und zu bearbeiten. Doch sind die heimlich geweckten promiskuitiven Wünsche der Mainstream? Nach einer theologisch-sozialwissenschaftlichen Studie von Jaqueline Bee (Das erste Paar und die Postmoderne) „ist der Traum vom dauerhaften Glück unausrottbar“ . „Dauerhaftes Glück“ heißt hier eine lebenslange gelingende Partnerschaft, mit einem auf den Partner gerichteten erfüllten Sexualleben.

 

 

Das Weisse Kreuz e.V.
Genau diesem Konflikt, sei es auf Grund von Pornografieabhängigkeit, Fragen zur sexuellen Identität, Sex in und vor der Ehe, Beziehungsfragen und sexuellem Missbrauch, widmet sich das Weisse Kreuz mit seinen 175 Beratungsstellen seit 124 Jahren. Es ist ein bundesweiter Fachverband der Diakonie Hessen für Sexualethik und Seelsorge der seinen Hauptsitzt in Ahnatal bei Kassel hat. Diese Non-Profit-Organisation bietet Seelsorge, Beratung und Prävention in Form von Denkangeboten, Zeitschriften, Seminaren, Netzwerkförderung (z.B.: Aufklärungsinitiativen) an und ist online unter Weisses Kreuz und auf Facebook zu finden. Ein weiterer Vorteil des Spendenwerkes sind die niederschwelligen Kosten der einzelnen Angebote, so dass jeder Hilfe in Anspruch nehmen kanDas-Weisse-Kreuz-e.V.n.

Zusammenarbeit mit der CVJM-Hochschule in Kassel Wilhelmshöhe Im September 2014 hat die 2009 gegründete internationale CVJM-Hochschule of applied science in Kassel Wilhelmshöhe mich im Rahmen eines Praxissemesters an das Weisse Kreuz vermittelt. Als Student der Sozialen Arbeit und Religionspädagogik im Bachelorstudiengang konnte ich tatkräftig die Aufgaben erfüllen und vieles durch praktische Erfahrungen und Ereignisse dazulernen. Als Praktikant wurde ich nicht nur sehr herzlich von einem tollen Team aufgenommen, sondern wurde zugleich auch herausgefordert. Die langen Lektürestunden der Sexual- und Sozialwissenschaften, der tausend Kilometer zurückgelegte Reisedienst, die unzähligen Hospitationen von Seminaren, Gruppenarbeiten, Unterrichtsstunden, Beratungen und Besprechungen, die ersten didaktischen Gehversuche im Aufklärungsunterricht in Bezug auf Pornografie an deutschen Schulen in Dänemark, sowie die eigenen Fort- und Weiterbildungstermine brachten mir viele neue Erkenntnisse und Erfahrungen. Auch spannende Diskurse, die Möglichkeit eigene Konzepte zu entwickeln und vielfältige Menschen kennenzulernen bereicherten mein Leben über das Studium hinaus. Ich arbeitete mit gewissenhaften liebevollen Mitarbeitern des Werks, sah Dozenten, Therapeuten und Beratern bei der Arbeit zu, unterhielt mich mit Journalisten, traf junge engagierte Jugendreferenten und natürlich im Rahmen der Arbeit viele motivierte Menschen, die ein selbstbestimmtes Leben in ihrer Sexualität erarbeiteten.

Tiefe Grabenkämpfe innerhalb der Sexualwissenschaften
Doch natürlich war nicht alles gut! Im Laufe des Semesters begegneten mir unzählige Konflikte und Diskussionen innerhalb der Sexualwissenschaft. Das liegt an der großen Ambivalenz der menschlichen Sexualität, die so facettenreich ist, dass sich gleich mehrere Disziplinen mit ihr beschäftigen. So setzen sich Sozialwissenschaften, Gender Studies, Tiefenpsychologie, Endokrinologie, Genforschung, Medizin und Neuropsychologie mit der Sexualität auseinander. Jede Perspektive fördert andere wichtige Erkenntnisse zu Tage, so sagt zum Beispiel die Tiefenpsychologie, dass sich hinter der Sexualität Sehnsüchte und Motive verbergen, wo hingegen Endokrinologie behauptet, dass sexuelle Handlungen auf die Körpereigenen Hormone zurückzuführen ist. Die Sozialwissenschaften und Gender Studies beweisen, dass Sexualität gesellschaftlich anerzogen ist und die Neuropsychologie betont, dass die individuelle Sexualität erlernt und im Gehirn nachweisbar ist. Doch wer genauer hinschaut stellt fest, dass die wahren Kämpfe nicht auf Ebene der Wissenschaft ausgefochten werden, sondern auf ideologisch-weltanschaulicher Ebene oder anders gesagt, nicht die Konstrukte, Motive, Säfte Affen und Gehirne sind das Problem, sondern deren Interpretation.

Begegnung statt Schubladendenken
Natürlich hat das Weisse Kreuz eine christliche Ausrichtung und sieht Beziehung, Ehe und Familie als die gelingende Paarkonstellation unserer Zeit an. Wer also seine Sexualität bewusst gestalten möchte und das dauerhafte Glück in einer lebenslangen Partnerschaft und Liebe sucht, dem stehen die Türen geöffnet, egal aus welchem religiösen, gesellschaftlichen Hintergrund er kommt. Und manchmal ist einfach die Begegnung mit dem anderen nötig. Das Antidiskriminierungspapier des Weissen Kreuzes spricht sich klar gegen jede Form der Diskriminierung aus. Was sich auch in den offenen Beratungsgesprächen wiederspiegelt. So fasste auch ich Mut mich dem offenen Dialog, den Erfahrungen, Gefühlen und Gedanken zu stellen und am Konflikt zu wachsen.

Text: David Hernandez

 

Gastautor

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