Der „Planet Wüste“ in der Göttinger Uni

Matthias Hanke
Matthias Hanke

Es ist ein stolzer Matthias Hanke, der den Hauptvortrag des Abends ankündigt. Mit glänzenden Augen teilt er uns mit, dass heute tatsächlich etwas Besonderes passiert ist. Zum ersten mal in den 13 Jahren, die das Fernwehfestival in Göttingen stattfindet, konnte eine Veranstaltung als „ausverkauft“ gekennzeichnet werden! Das hängt sicher mit besagtem Hauptvortrag zusammen, denn der Redner ist in dieser Branche bei weitem kein Unbekannter. Aber es zeigt auch, dass die Besucher selbst nach 13 Jahren immer noch nicht genug haben von grandiosen Bildern und ausgezeichneten Vorträgen.

Hanke erinnert an Dr. med. Kai Stietenroth, der Ende 2013 durch einen Al-Kaida-Anschlag im Jemen getötet wurde (wir berichteten). Auch Michael Martin betont die enge Verbundenheit mit dem Mitgründer des Fernwehfestivals, der, wie er sagt, diesen heutigen Besuch noch zu Lebzeiten eingefädelt hatte.

Auch Martins Vortrag „Planet Wüste“ beginnt in der Vergangenheit. Er geht kurz auf seine Anfänge ein und lässt uns verstehen, woher seine Faszination an den Wüsten dieser Welt stammt und wie lange sie bereits zurückreicht. Wer den Vortrag „30 Jahre Abenteuer“ (unser Bericht) gesehen hat, kennt diese Stories natürlich. Dann schlägt er den Bogen zu den anderen Planeten unseres Sonnensystems mit ihren spezifischen Besonderheiten, um dann von Merkur und Mars als typische „Wüstenplaneten“ zur Erde zurückzukommen. Und weil die Landmassen der Erde zu einem wesentlichen Teil ebenfalls aus Wüsten bestehen, nennt er auch die Erde einen Wüstenplanet.

Die eigentliche Geschichte beginnt dann am Nordkap. Im Gegensatz zu den bisherigen Vorträgen ist heute ein neues Thema dabei: Die Eiswüsten. Die beiden Polkappen der Erde mit ihren Besonderheiten stehen in krassem Gegensatz zu den Trockenwüsten, die wir bisher von seinen Vorträgen kennen, und sie sind nicht minder gefährlich, wie er im Programmheft zum Thema Ausrüstung erläutert: „Da kann schon ein verlorener Handschuh zu lebensbedrohlichen Erfrierungen führen.“

saal-vorher-kleinsaal-ausverkauft-kleinZunächst geht es einmal rund um den nördlichen Polarkreis. Und Martin erzählt und erzählt, spricht mit Bildern und eindringlicher Stimme. Im Grunde redet er mit seinem ganzen Körper, er kann einfach nicht stillhalten. Man hat den Eindruck, dass er mit jedem Wort, das er von sich gibt, tiefer in die Situation eintaucht, sie im wahrsten Sinne erneut „erlebt“. Er nimmt uns mit in die Wüste, in seine Wüste, und fast wie in „Narnia“ ziehen uns die Bilder auf der riesigen Leinwand unwiderstehlich an. Kaum ein Gast wird sehen, wie Martin auf der Bühe herum turnt, doch gehört die Gestik irgendwie dazu; sie macht den Vortrag lebendig.

Es gibt zahlreiche Motorradfotos, viel mehr als in den vergangenen Vorträgen. So sieht man das zuverlässige Werkzeug immer wieder aus anderen Perspektiven. Wie man hört, sind die meisten seiner Zuschauer Motorradfans. Die BMW 1200 GS Adventure begleitete ihn dabei auf vielen der 40 Reisen für diesen Vortrag, auf den Flugstrecken in einer Transportkiste. Doch nicht nur die Enduro trug ihn vorwärts, auch Eisbrecher, Hundeschlitten und Skier wurden verwendet. Das alles kann in dem Buch zum Vortrag und auf den vier Blu-rays mit insgesamt über neun Stunden Laufzeit nachgeschaut werden. So lange dauerte der Vortrag zwar nicht, aber man hatte schon das Gefühl, dass noch erheblich mehr hätte gesagt werden können. Besonders die kleinen Anekdoten am Rande schienen diesmal etwas zu kurz gekommen zu sein.

Michael Martin fährt eine BMW, fotografiert mit einer Nikon und hat wahrscheinlich Ausrüstungsgegenstände aller namhaften Hersteller dabei. Auch dies wird im Programmheft ausführlich besprochen. Ein guter Teil ist gesponsort, was das sogenannte „product placement“ verständlich macht. Doch darüber beschwert sich wohl niemand, denn Tipps von Profis nimmt man gerne an.

Auf www.michael-martin.de gibt es weitere Informationen und auch Termine der weiteren Tour. Wer diesen Vortrag verpasst hat, bekommt am 12. April 2016 im Philipp-Scheidemann-Haus in Kassel eine zweite Chance.

Das Fernwehfestival ist inzwischen vorüber, doch wir freuen uns auf 2017. Wie man auf www.fernwehfestival.de lesen kann, ist das Programm bereits jetzt fast komplett und wird ab etwa Herbst 2016 dort zu sehen sein. Am besten, Sie tragen sich den 14. und 15. Januar 2017 bereits jetzt in den Kalender ein. Ich bin sicher, es lohnt sich!

Beitragsbild: Eisformationen auf dem gefrorenen Arktischen Ozean, 89. Breitengrad, (C) Michael Martin mit freundlicher Genehmigung der Pressestelle

 

Sehfahrer

Als Amateurfotograf bewege ich mich oft in den Lebensbereichen anderer Menschen. So interessant das ist, so schwierig ist manchmal die Abgrenzung zwischen Neugier und höflicher Distanz. Durch meine Tätigkeit als freier Journalist versuche ich nun, Bild und Sprache zu einer Einheit zu verbinden.

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