EU-Staaten ignorieren Lieferstopp für Waffen und Munition nach Ägypten
12 der 28 EU-Mitgliedsstaaten gehören weiterhin zu Ägyptens Hauptlieferanten von Rüstungsgütern und Polizeiausrüstung – unter ihnen ist auch Deutschland.
Trotz eines grundsätzlichen Lieferstopps für Munition und Waffen werden Rüstungsgüter im Wert von mehreren Milliarden Euro in das nordafrikanische Land exportiert.
BERLIN, 24.05.2016 – Allein 2014 erteilten EU-Mitgliedsstaaten 290 Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Ägypten im Gesamtwert von mehr als sechs Milliarden Euro.
Dazu gehörten Kleinwaffen und leichte Waffen sowie Munition, gepanzerte Fahrzeuge, Militärhubschrauber und Überwachungstechnologie. Bulgarien, Tschechien, Frankreich und Italien gehören zu den Hauptlieferanten von solchen Waffen, die auch zur Unterdrückung der ägyptischen Bevölkerung genutzt werden können.
Die Europäische Union hatte einen grundsätzlichen Lieferstopp für Waffen und Munition nach Ägypten beschlossen, nachdem ägyptische Sicherheitskräfte im August 2013 Hunderte Demonstranten getötet hatten. 12 EU-Staaten ignorieren diesen Lieferstopp allerdings weiterhin.
Deutschland genehmigte 2014 Rüstungsexporte im Umfang von 22,7 Millionen Euro, darunter vor allem U-Boot-Technologie. In den Vorjahren wurden immer wieder Zulieferungen für gepanzerte Fahrzeuge genehmigt, die auch gegen Demonstranten eingesetzt wurden.
Nach Aussagen von Transparency International wurde die FinFisher–Überwachungssoftware an den ägyptischen Staat geliefert, die möglicherweise genutzt wurde, um friedliche Oppositionelle auszuspionieren.
Im Jahr 2015 gab die Bundesregierung laut vorläufigen Zahlen grünes Licht für Rüstungsexporte im Umfang von rund 19 Millionen Euro. Dazu sagt Mathias John, Rüstungsexperte von Amnesty International in Deutschland: „Angesichts der andauernden Menschenrechtsverletzungen des ägyptischen Militärs und der Sicherheitskräfte sind weitere Rüstungsexporte aus Deutschland das falsche Signal. Die Bundesregierung ist stattdessen gefordert, deutlich für ein Ende der Menschenrechtsverletzungen einzutreten.“
„Die Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Ägypten, mit denen die Bevölkerung weiter unterdrückt werden kann, missachtet nicht nur den gemeinsamen Standpunkt der EU zu Rüstungsexporten, sondern verstößt auch gegen den internationalen Waffenhandelsvertrag, dem die meisten EU-Mitgliedsstaaten beigetreten sind“, so John.
„Die EU und ihre Mitgliedsstaaten müssen unverzüglich und verbindlich Rüstungsexporte nach Ägypten stoppen, die für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen verwendet werden können. Aufgrund nicht geahndeter massiver Übergriffe auf die Bevölkerung sollte die EU bei allen geplanten Rüstungslieferungen für die ägyptischen Streitkräfte – insbesondere die Luftwaffe – zunächst einen Ablehnungsvorbehalt verhängen“, sagt John. Eine solche Regelung muss solange gelten, bis die ägyptische Regierung in der Lage ist, weitere schwerwiegende Verletzungen durch Sicherheitskräfte zu verhindern.
PM Amnesty
(CB)