Anwaltsverein bezieht Stellung zum neuen Integrationsgesetz
DAV: Lob und Tadel für die Integrationspläne der großen Koalition
Berlin (DAV). Der Deutsche Anwaltverein (DAV) reagiert überwiegend mit Kritik auf die Eckpunkte zum geplanten Integrationsgesetz der Regierungskoalition. Negativ beurteilt der DAV insbesondere die geplante Wohnsitzzuweisung. Zugleich begrüßt der DAV, dass künftig eine Aufenthaltsgestattung bereits ab der Antragstellung entstehen soll.
„Wohnsitzauflagen sind mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden“, sagt der Präsident des DAV, Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg. Um derartige Eingriffe in die Freiheit der Betroffenen zu rechtfertigen, könne nicht pauschal auf die Gefahr von Ghettoisierung verwiesen werden. „Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes müssen die Behörden konkret darlegen, warum die Integration am zugewiesenen Ort besser möglich ist, als an einem anderen Ort“, so Schellenberg. Dies könne im Einzelfall sehr schwer sein und biete ein Einfallstor für rechtswidrige Entscheidungen.
Am Mittwoch hatte sich die Koalition auf Eckpunkte eines Integrationsgesetzes geeinigt. Dies sieht unter anderem vor, dass Schutzberechtigte mithilfe von Wohnungszuweisungen gleichmäßig verteilt werden sollen. Begründet wird dies mit der Gefahr einer Bildung von sozialen Brennpunkten.
Darüber hinaus kritisiert der DAV, dass die Koalition die Aufenthaltsverfestigung bei anerkannten Flüchtlingen zukünftig vom Bestehen von Integrationsprüfungen abhängig machen will. „Der Erfolgszwang könnte insbesondere älteren Menschen und Analphabeten erhebliche Probleme bereiten“, sagt Schellenberg. Wenn jemand durch die Sprachprüfung falle, zum Beispiel wegen schlechter schriftlicher Leistungen, könne sich die Person trotzdem ausreichend um Integration bemüht haben und sich auch ausreichend verständigen.
Eckpunktepapier enthält auch positive Aspekte
Positiv beurteilt der DAV, dass nach den Plänen der Bundesregierung bereits mit dem Asylantrag die Aufenthaltsgestattung besteht. „Das schafft Rechtssicherheit und ermöglicht den Asylsuchenden unter anderem frühzeitig den Zugange zum Arbeitsmarkt“, sagt Schellenberg. Bislang entstand die Aufenthaltsgestattung erst in dem Moment, in dem der Betroffene den förmlichen Asylantrag gestellt hat. Zwischen Ankunft in Deutschland und förmlichen Asylantrag liegen derzeit oft viele Monate.
Ebenfalls positiv sieht der DAV den Plan, dass Flüchtlinge während einer gesetzlichen oder tariflichen Ausbildungszeit eine Duldung für die Gesamtdauer der Ausbildung erhalten sollen. Nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung soll der Geduldete eine weitere Duldung für bis zu sechs Monate zur Arbeitsplatzsuche bekommen, sofern er nicht im Betrieb verbleibt.
Die beschlossenen Eckpunkte sollen am 22. April 2016 im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz erörtert werden. Die Bundesregierung beabsichtigt, den Gesetzentwurf Ende Mai zu beschließen.
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