MuseumsAdvent 2014
Wir betreten das Dorf durch einen Fußweg. Ein Dorf, in dem die Zeit stehengeblieben ist. Kaum Menschen, ein paar Händler warten gelangweilt auf Kundschaft. Auch der wolkenverhangene Himmel lässt nur eine melancholische Stimmung zu. Ein Kinderkarussell dreht sich, aber es transportiert nur einen einzigen Fahrgast. Mit der passenden Hintergrundmusik könnte es sich um einen eher düsteren Film über vergangene Zeiten handeln.
Die Idee ist so gut, dass man sie glatt erfinden müsste, wenn sie nicht schon über 120 Jahre alt wäre: Ein historisches Dorf unter freiem Himmel in einer authentisch gestalteten Anlage, von uns üblicherweise „Freilichtmuseum“ genannt. Die Idee entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Skandinavien. Das „Skansen“ in Stockholm wurde bereits 1891 eröffnet. Der Name bedeutet im Deutschen „Die Schanze“ und ist laut einem Wörterbuch als „Verteidigungsanlage“ zu verstehen. Bedenkt man die ursprüngliche Intention, ist das wohl sinnbildlich als eine Verteidigungsanlage gegen das Vergessen der eigenen Geschichte zu verstehen. Das ist auch heute noch das Hauptinteresse der Betreiber.
Bereits im zehnten Jahr präsentiert sich das „Paderborner Dorf“ nun im LWL-Freilichtmuseum Detmold im adventlichen Lichterglanz. Es wurde 1981 eingeweiht und zeigt eine dörfliche Anlage aus der Zeit um 1900. Nicht nur die festliche Illumination, auch die fast künstlerische Anordnung der Lichteffekte faszinieren den Besucher und lassen das Herz wohl eines jeden Amateurfotografen höher schlagen. Ein Stativ ist hier unerlässlich, das Blitzen verbietet sich unzweifelhaft, wenn man die Stimmung einfangen möchte.
Freilichtmuseen gibt es inzwischen in großer Zahl. Der Besucher bewegt sich dabei in der Regel frei durch eine Ansammlung von gut erhaltenen historischen Häusern und beobachtet Handwerker bei der Arbeit. Manchmal handelt es sich um ein reales Dorf, das genau an dieser Stelle vorgefunden wurde. Oft jedoch, wie auch im Falle des „Paderborner Dorfs“, sind die Häuser aus anderen Teilen des Landes herbeigeschafft und wieder aufgebaut worden. Der Besucher lernt beim Schlendern durch das Freilichtmuseum nebenbei etwas über das Leben und die Arbeit unserer Vorfahren. Hier wird Geschichte lebendig.
So erfährt der Besucher beispielsweise, dass noch um das Jahr 1800 herum die Katholiken den 6. Dezember als Tag der Bescherung bevorzugten, während die Protestanten den 1. Weihnachtsfeiertag wählten. Dass das Christkind anstelle von St. Nikolaus zum Geschenkelieferanten wurde, haben wir übrigens Martin Luther zu verdanken. Auch dass der Nikolaus im Laufe des 19. Jahrhunderts dann zum Weihnachtsmann wurde, welcher dann die Geschenke brachte, ist eine Information, die vielleicht manchen überrascht. Also entstammt der Weihnachtsmann doch nicht der Coca-Cola-Reklame.
Seit seiner Eröffnung am 7.7.1971 hat das LWL-Freilichtmuseum Detmold einige Änderungen und Erweiterungen erfahren. Auch die Besucherzahl hat sich von Anfangs 29.000 auf etwa 200.000 jährlich erhöht. Das Paderborner Dorf ist dabei nur ein kleiner Teil des Freilichtmuseums. Auch andere Ausstellungen sind einen Besuch wert, der übrigens das ganze Jahr über möglich ist. Da die Adressangaben auf Landstraßen außerhalb von Ortschaften erfahrungsgemäß etwas ungenau sind, geben Sie einfach diese Koordinaten in Ihr Navigationsgerät ein: N51.923989, E8.868378. Diese führen Sie direkt zum Hauptparkplatz unterhalb der Kasse. Falls hier nichts mehr frei ist, gibt es noch einige Ausweichparkplätze, die gut beschildert sind. Doch den beleuchteten MuseumsAdvent gibt es nur einmal im Jahr. Und wenn Sie es dieses mal nicht geschafft haben, freuen wir uns auf einen Besuch in 2015!
Inzwischen sind aber doch recht viele Besucher eingetroffen. Als wir fahren wollen, ist der Parkplatz übervoll, so dass die Autos sogar an der Straße stehen müssen. Doch das kennt man hier offenbar, denn die Betreiber haben mit Beleuchtung auch hier gut vorgesorgt. Wie auch übrigens die gesamte Organisation reibungslos und im Hintergrund ablief. Eine rundherum gelungene Veranstaltung.
Den Weihnachtsmann haben wir übrigens wirklich gesehen. Er fährt den motorisierten, bereiften und überdachten Rentierschlitten vom Parkplatz hoch zum Dorf und erzählt während der ansonsten langweiligen Fahrt etwas über die Anlage. Apropos Weihnachtsmann! Was verdient man da eigentlich so? Wahrscheinlich nicht allzu viel, wo er doch nur für wenige Tage im Jahr gebraucht wird. Da ist so ein Zweitjob bestimmt mehr als willkommen.