Geburtshilfeabteilung gerettet – 500. Baby in Fritzlar

Geburtshilfeabteilung gerettet – 500. Baby in Fritzlar
Wolfgang Kersting und Tatjana Braun übergeben eine funktionierende Abteilung und bleiben mit ihrer Praxis im Haus (Archivfoto: Rainer Sander)
Jason Garnier aus Malsfeld ist das 500. Baby im Hospital Fritzlar – im Arm von Mama Carina (Foto: Rainer Sander)
Jason Garnier aus Malsfeld ist das 500. Baby im Hospital Fritzlar – im Arm von Mama Carina (Foto: Rainer Sander)

Fritzlar. Das Blitzlicht stört den kleinen Jason bereits am 2. Tag seines Lebens nicht mehr von kaum auf der Welt, schon ist er ein „Medienstar“ und ruht als solcher in sich selbst. Ob Fernsehkamera mit Scheinwerfer oder Blitzlicht von Presse-Kameras, er schläft ungerührt weiter. Auf Mama Carina Garnier ist nach zwei Tagen schon ganz Medienprofi, geübt durch Interview bei Radio FFH und Fernsehteam des HR.
Am Montag, den 16.11.2015 um 8:44 Uhr war es soweit: Jason kommt als 500. Baby 2015 im Hospital zum Heiligen Geist in Fritzlar zur Welt. Er wiegt 2.935 Gramm, hat einen Kopfumfang von 34 cm und ist 52 cm groß. Es war eine normale Geburt, Mutter Carina und Kind sind wohl auf, die „großen Schwestern“ Maya und Amanda (1 und 3 Jahre) freuen sich auch.

Medienwirksam im richtigen Augenblick
Das 500. BW im laufenden Jahr im Hospital zum Heiligen Geist in Fritzlar kam genau in dem Moment, als die Klinikleitung verkünden konnte: „Wir haben es geschafft!“
Gut ein halbes Jahr hieß es zittern, jetzt kehrte Gewissheit ein: es geht weiter! Für Carina und Daniel Garnier ist es durchaus wichtig, wo es eine Entbindungsstation gibt. Die Familie ist in Malsfeld zu Hause und ringsherum haben die Geburtshilfestationen bereits alle geschlossen. Die Klinik in Homberg gibt es nicht mehr, Melsungen entbindet nicht und auch in Rotenburg hat die Abteilung geschlossen. Entbinden in Kassel? Das hätte zukünftig die Alternative sein müssen.
Nach wie vor erscheint die Rettung jeder Geburtshilfestation, ganz gleich welcher, wie ein Ritt auf der Rasierklinge. Wirtschaftlich erscheint das Betreiben einer solchen Abteilung inzwischen völlig abwegig. Was für ein Anachronismus, in einer Zeit, in der viel Geld für das Gesundheitswesen ausgegeben wird, wie in keinem Jahrzehnt zuvor und in der wir uns über jedes neugeborene Baby freuen, weil der Bevölkerungsrückgang bald auch volkswirtschaftliche Konsequenzen nach sich zieht.

Wolfgang Kersting und Tatjana Braun übergeben eine funktionierende Abteilung und bleiben mit ihrer Praxis im Haus (Archivfoto: Rainer Sander)
Wolfgang Kersting und Tatjana Braun übergeben eine funktionierende Abteilung und bleiben mit ihrer Praxis im Haus (Archivfoto: Rainer Sander)

Belegabteilung wird Hauptabteilung
Der Geschäftsführung des Krankenhauses ist es nach langen Anstrengungen gelungen, Nachfolger für die aus Altersgründen ausscheidenden Belegärzte Tatjana Braun und Wolfgang Kersting zu finden. Mit neuen Ärzten gibt es auch eine neue Struktur: Die bisherige Belegabteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie wird in eine Hauptabteilung des Hospitals umgewandelt. Für die Patientinnen ist das im Alltag ohne weitere Bedeutung. Auch ab Januar 2016 können Schwangere weiterhin im Hospital Fritzlar ihre Kinder zur Welt bringen. Der Umfang der gynäkologischen Leistungen bleibt ebenfalls gleich, die Krankenhausleitung arbeitet sogar an einem Konzept zur

Erweiterung des Angebots.
„Die Verträge mit neuen Fachärzten sind unter Dach und Fach“, freut sich Barbara Gawliczek, Geschäftsführerin der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist. „Sobald wir die letzten kleinen Modalitäten geklärt haben, freuen wir uns darauf, den Bürgerinnen und Bürgern von Fritzlar unserer neues Team zu präsentieren.“
Heinrich Gerdes, Geschäftsführer des Hospitals, sieht das oberste Ziel damit erreicht: „Wir haben eine Verantwortung gegenüber den Fritzlarer Bürgerinnen und Bürgern und allen werdenden Eltern in der Region. Das hat uns immer wieder angespornt, dass Angebot einer hochqualifizierten Geburtshilfe im eigenen Haus nicht aufzugeben und gegen alle Widerstände nach geeignetem Personal zu suchen!“

Neubesetzung war Herzensangelegenheit
Die Neubesetzung der vakanten Stellen war für das Krankenhaus keineswegs einfach. Der Fachärztemangel in ländlichen Regionen machte sich hier deutlich bemerkbar. „Es war mir wirklich eine Herzensangelegenheit, unsere Geburtshilfe zu erhalten. Wir haben ein so motiviertes Hebammen- und Pflegeteam in unserem Haus und auch die große Anteilnahme der Bevölkerung war bewegend“, so Gawliczek.

Die gute Nachricht aus dem Hospital freut auch Bürgermeister Hartmut Spogat: „Fritzlar ohne Geburtshilfestation war für mich unvorstellbar. Eine attraktive Wohn- und Einkaufsstadt benötigt auch eine gute Gesundheitsversorgung mit breitem Leistungsspektrum.“
Die bisherigen Belegärzte sind mit ihrer Gemeinschaftspraxis im Haus weiter präsent, führen aber ab dem 1. Januar 2016 keine Entbindungen mehr durch. Karl-Otto Winter, Vorsitzender des Kuratoriums, dankte ihnen für Ihren Einsatz: „Ohne das herausragende Engagement von Tatjana Braun und Wolfgang Kersting könnte man ihren Nachfolgern keine so gut funktionierende Abteilung übergeben. Dieser Umstand war sicherlich auch ausschlaggebend für eine Entscheidung der neuen Ärzte zugunsten des Fritzlarer Standortes.“ Besonders hob er auch den Einsatz von Stiftungs-Geschäftsführerin Barbara Gawliczek hervor. „Sie hat durch ihre unermüdliche Suche nach Nachfolgern für die geburtshilfliche Station eine Fortführung der Abteilung erst möglich gemacht.“ (rs|pm)

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Heiko Jacob

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