Google weiß alles! Wirklich?
„Google weiß alles!“ ist ein Spruch, den man sehr häufig zu hören bekommt. Zumeist dann, wenn irgend jemand mit Wissen glänzen konnte, das nicht alltäglich ist oder das er/sie gerade eben spontan „ergoogelt“ hat. Ob Google wirklich alles weiß oder einfach nur hinreichend gut darüber informiert ist, was wo steht, macht für die meisten Leute keinen Unterschied. Doch ist es wirklich so einfach?
Wie sehr Google unseren Alltag bestimmt, können Sie in einem kleinen Selbstversuch mal eben herausfinden. Beantworten Sie dazu bitte eine einfache Frage:
Welche Suchmaschinen kennen Sie?
Ich möchte fast wetten, dass „Google“ als erstes auf der Liste stand, und dass es danach eine merkbare Pause gab, bevor Sie vielleicht weitere Suchmaschinen nennen konnten. „Bing“ vielleicht. Das dürfte wohl bei den meisten Menschen im Moment so sein. Auch Worte wie das schon benutzte „ergoogeln“ oder der Satz „ich habe das mal eben gegoogelt“ zeigen, dass diese Suchmaschine unser Leben geradezu beherrscht.
Im Rahmen einer Recherche vor einigen Wochen (natürlich bei Google, ich kann mich auch nicht immer davon frei machen) zu unserer dOCUMENTA(13)-Reihe „100 Tage – 100 Kunstwerke“ habe ich eben mal spontan bei Google Maps den Suchbegriff „documenta“ eingegeben, nichts weiter. Ziel war, die weltweiten Standorte herauszufinden, und das natürlich mit möglichst wenig Aufwand. Und ich war überrascht zu sehen, dass die documenta offenbar eine rein US-amerikanische Ausstellung ist:
Ich konnte es einfach nicht glauben! Wie kommt Google darauf, dass mit dem Suchbegriff „documenta“ ausschließlich amerikanische Ziele verbunden sind? Bin ich da einer großen Anti-d13-Verschwörung auf der Spur? Wollen die Amis uns auch diese Weltausstellung streitig machen?
Aber das kann ja nicht sein, schließlich ist Google ja allwissend. Also begann ich, an mir selbst zu zweifeln. Und was macht man, wenn man einer Webseite nicht glaubt? Richtig, einfach nochmal aufrufen. Ich habe also in das Suchfeld geklickt und anschließend auf die Lupe. Und, oh Wunder, nun scheint alles zu stimmen. Die documenta ist wieder in Eurpoa gelandet, die Welt wieder in Ordnung:
Obwohl das bei genauerem Hinsehen auch nicht so ganz richtig ist, denn Deutschland hat nur einen einzigen Treffer! Also doch eine Verschwörung, diesmal vielleicht von den Russen? Oder ein dezenter Hinweis, dass wir bei der EM frühzeitig ausscheiden werden?
Wenn Sie das hier geschriebene nachvollziehen wollen, gehen Sie folgendermaßen vor:
- Falls Sie Google als Startseite in Ihrem Browser eingestellt haben, nehmen Sie diese heraus
- Löschen Sie alle Cookies, die etwas mit „google“ im Namen haben
- Öffnen Sie die Adresse http://maps.google.com/
- Schieben Sie den Reiter für die Vergrößerung der Weltkarte auf die kleinste Stufe und ordnen Sie die Karte so übersichtlich an, dass Sie Amerika, Europa und Nordafrika sehen können
- Gehen Sie in das Suchfeld, geben Sie das Wort documenta ein und klicken Sie auf die Lupe rechts daneben.
- Betrachten Sie die Karte
- Klicken Sie ein zweites mal auf die Lupe
- Betrachten Sie die Karte erneut
Sehen Sie einen Unterschied?
Falls nicht, hat Google durch meine wiederholten Versuche dazugelernt. Bei mir jedenfalls kommen nach der dritten Wiederholung nur noch europäische Ziele. Merkwürdig, oder?
Dennoch bleibt ein Faktum bestehen: Zwei direkt aufeinander folgende Suchläufe liefern ein komplett unterschiedliches Ergebnis. Wie verlässlich ist dann das Konzept „Suchmaschine“ wirklich? Wie oft muss ich eine Suche durchführen, um die richtigen Ergebnisse zu erhalten?
Um der Wahrheit die Ehre zu geben muss man natürlich hinzufügen, dass Google als Computer nicht wirklich verstehen kann, was ich mit dem sehr kurzen Suchbegriff erreichen wollte. Suchmaschinen gehen nach Algorithmen vor, die zwar möglicherweise recht ausgefeilt sind und daher fast intelligent wirken, aber es bleiben Algorithmen, Computerprogramme. Schon wenn Sie „documenta Standorte“ eingeben, sieht das Ergebnis ganz anders aus.
Wer übrigens mehr über die Lernfähigkeit von Suchmaschinen erfahren möchte, dem empfehle ich die Artikelserie Datenkrake Google von Sven Türpe.
Und wer eine Alternative zur allgegenwärtigen Googelei sucht, ist vielleicht bei Yacy besser aufgehoben. Aber bitte nicht wundern, die Ergebnisse kommen nicht so schnell wie bei dem Großen Bruder. (Sf)