Wortspiele

Quelle: Flickr, Lizenz: CC BY-NC 2.0
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Ihnen haftet etwas Seltsames an. Manche verstehen sie überhaupt nicht, manche nach einigem Nachdenken. Und ganz wenige liegen bereits unter dem Tisch, wo andere noch grübeln, ganz im Sinne von ROTFL: Rolling on the floor, laughing. Wortspiele sind ein überaus spannendes Thema und immer gut für ein Streitgespräch.

Ich erinnere mich noch gut an eine Szene, die ein Freund mal schilderte. Karlheinz unterhielt sich mit einem Jungen auf dem Bauernhof, wo er ein Zimmer bezogen hatte. „Ihr habt ja Fliegenschutzgitter am Fenster“, sagte der Junge, um nach dem bestätigenden „Ja“ die Frage anzuschließen: „Wofür sind die?“ Nachdem Karlheinz ihm erklärte, dass das Wort Fliegenschutzgitter aus den drei Teilen Fliegen, Schutz und Gitter bestand, war dem Jungen der Sinn sofort klar. Er konnte nur diese Trennung der Worte nicht selbst im Kopf vornehmen.

Ein anderer Aspekt sind Ankerbuchstaben. Es ist wissenschaftlich und empirisch belegt, dass das geschriebene Wort von uns meistens nur anhand der Buchstaben an Anfang und Ende des Wortes erfasst wird. Zusammen mit der Erinnerung an viele Worte wird daraus im Kopf eine Interpretation, die erheblich schneller abläuft, als die Rezeption der weiteren Buchstaben in der Mitte des Wortes. Das ist einrseits der Grund, weshalb wir Tippfelher nicht so einfach finden können, wir müssen uns konzetnireren. Na, haben sie es entdeckt? Nicht „konzetnireren“, sondern „konzentrieren“ hätte dort stehen müssen, und „einerseits“ und „Tippfehler“.

Nehmen wir diese beiden Aspekte zusammen, wird schnell klar, wieso die Wendung „Rapefugees not welcome“ nicht so ohne weiteres verstanden wird. Und wohlwollenderweise werde ich annehmen, dass es Verständnislosigkeit ist, die zu der (vor) schnellen Verurteilung dieses Satzes führt, wie die derzeitige kontroverse Diskussion im Netz deutlich belegt. Aus den „Rapefugees“ (die Hervorhebung ist beabsichtigt) werden im Kopf schnell die „Refugees“, und das „not welcome“ ist deutlich genug, um jeden Zweifel an der wahren Bedeutung flugs auszuschalten. Wir lesen „refugees not welcome“, doch eigentlich steht etwas ganz anderes auf dem Plakat.

Diese Art der „Rastafahndung“ (oh, ups!) unseres Gehirns ist nicht grundsätzlich ein Nachteil. Die Vorgehensweise hilft uns, komplexe Zusammenhänge auf einfache zu reduzieren und uns so in der Welt zurechtzufinden. Das Gehirn ersetzt fehlende Informationen durch Bausteine, die thematisch zu passen scheinen. Was in der Natur sicherlich oft funktioniert, ist in einer komplexen technisierten Welt oft zum Scheitern verurteilt. Und daraus entstehen Irrtümer und, wie gesagt, die verrücktesten Diskussionen.

Doch bei aller Wissenschaftlichkeit mag es noch ein anderes, wesentlich einfacheres, Erklärungsmuster geben: Die Menschen sind einfach von Natur aus doof.

Sehfahrer

Als Amateurfotograf bewege ich mich oft in den Lebensbereichen anderer Menschen. So interessant das ist, so schwierig ist manchmal die Abgrenzung zwischen Neugier und höflicher Distanz. Durch meine Tätigkeit als freier Journalist versuche ich nun, Bild und Sprache zu einer Einheit zu verbinden.

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