Am besten, wir verbieten alles!

Am besten, wir verbieten alles!

Kaum ist man den einen los, kommt der nächste Trojaner um die Ecke. Petya ist wieder da, oder besser gesagt „NotPetya“, und laut heise.de sind inzwischen schon eine ganze Reihe von Behörden und Firmen in Osteuropa betroffen. Und bestimmt werden bald wieder Stimmen laut, dass man doch endlich mal etwas dagegen tun sollte. Und schon kriechen sie aus ihren Löchern, die Stammtischphilosophen, die mit allem immer Recht haben und natürlich auch alles viel besser wissen als die anderen. Wir wollen mal – ganz kreativ – die Stimmen vorweg nehmen.

Tja, so ist das mit dem Bitcoin. Zwar kann problemlos nachvollzogen werden, was so alles an Coins auf dem jüngsten Erpresserkonto eingeht (zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Artikels waren es knapp 4 BTC, was bei aktuellem Kurs 8932 € ergibt), aber wer das überwiesen hat und – vor allem – wer es bekommt, das steht dort nicht. Und mit etwas Geschick wird das auch nie jemand erfahren.

Es ist natürlich verlockend, Bitcoins für so verwerfliche Taten wie eine Erpressung oder die Finanzierung von Terrorattacken zu verwenden. Was lernen wir daraus? Bitcoins sind böse, die müssen verboten werden, ganz klar. Die Logik ist eingängig und vor allem einfach, und die Tatsache, dass mit Bitcoins auch legale Transaktionen möglich sind, schmälert das Problem nicht. Böse bleibt böse, und wenn auch nur eine Transaktion böse ist, ist alles böse. Das versteht jeder. Klar soweit?

Wie steht es  überhaupt mit dem Bargeld? Na logisch, das ist natürlich genauso böse. Nicht nur Helmut Kohls schwarze Kassen haben uns gezeigt, was man mit Bargeld machen kann. Auch ganz normale Zahlungsvorgänge, die damit abgewickelt werden, können leicht an der Steuer vorbei erfolgen und sind demnach böse. Und auch die Tatsache, dass mit Bargeld auch legale Transaktionen möglich sind, schmälert das Problem nicht. Also muss es abgeschafft werden. Böse bleibt böse, und wenn auch nur eine Transaktion böse ist, ist alles böse. Das war doch logisch, oder?

Bei anderen Sachen kann das ja nicht passieren, oder etwa doch? Schließlich hat noch niemand je erfahren, dass zum Beispiel die Reparatur eines PKWs statt per Rechnung und Überweisung in Naturalien „bezahlt“ worden wäre. So eine schöne teure Flasche Cognac wäre doch auch eine gute „Währung“ für den Meister, oder? Und auch die Tatsache, dass man Cognac auch ganz legal erwerben und trinken kann, schmälert das Problem nicht. Böse bleibt böse, und wenn auch nur eine Flasche für solche Zwecke missbraucht wird, sind alle Flaschen böse. Kein Zweifel.

Küchenmesser! Was man damit alles schlimmes machen kann. Und auch wenn man damit ganz normal Fleisch schneiden kann … na, egal, Küchenmesser gehören auch verboten, das weiß doch jeder. Und Werkzeuge, Äxte ganz besonders. Und Plastiktüten. Und Unkrautvernichtungsmittel. Und …

LKWs natürlich auch. Schließlich kann man damit nicht nur Waren vom Großhandel zum Supermarkt transportieren oder die Getriebe aus Baunatal nach Wolfsburg, sondern auch quasi nebenbei in Menschenmassen hineinfahren. Also sind LKWs böse, und die müssen unbedingt abgeschafft werden! Logisch, oder?

Wie, das geht nicht? Die brauchen wir? Aber die sind doch böse, das können wir doch nicht zulassen, wenn auch nur einer … ach, ihr meint, nur die Fahrer, die sowas machen, sind böse? Ah, Moment, da fällt mir was ein: Manche Menschen machen mit Messern böse Dinge, andere mit LKWs. Kunde und Monteur betrügen mit Cognac oder Bargeld die Steuer, und Erpresser und Terroristen benutzen Bitcoins, um ihre Tätigkeiten zu verschleiern. Interessant!

Dann sind also Bitcoins, Bargeld, LKWs und Cognac-Flaschen am Ende doch nicht so böse? Alles nur Werkzeuge, Mittel zum Zweck? Dann muss man die nicht abschaffen? Gottseidank!

Sieh mal an, Differenzierung ist doch gar nicht so schlecht.

P.S.: Das ist so ein Kommentar, den man bis zum Ende lesen sollte, bevor man sich ein Urteil darüber erlaubt. Danke, dass Sie bis hierhin durchgehalten haben.

Christoph Jüngling

Ich bin seit über 25 Jahren selbständiger Softwareentwickler und IT-Berater. Für die Nordhessen-Rundschau schreibe ich unter anderem über IT-relevante Themen mit der Hoffnung, die Hintergründe auch für Laien verständlich zu machen. Denn besonders in der IT-Welt gilt: "Nichts ist so, wie es scheint."

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