Im Kochtopf der Wetterküche: Forschungsflüge über dem Nordatlantik für bessere Wettervorhersagen
Jeder kennt diese Situation im Wetterbericht, wenn der Moderator auf der Landkarte ein neues Islandtief ankündigt. Schon bald, heißt es dann oft, werden die Tiefausläufer das Festland erreichen und das Wetter für viele Tage in Europa bestimmen. Kleine Fehler führen häufig dazu, dass die Prognose in Europa über einige Tage sehr unsicher ist. Denn es brodelt gewaltig in der Wetterküche über dem Atlantik und das ist schwierig in Wettermodelle zu gießen. Unter der Leitung der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) sollen nun Forschungsflüge mit hochauflösenden Messdaten mehr Licht in das für Europa so entscheidende Wettergeschehen im abgelegenen Nordatlantik bringen. Dabei gibt es sogar einen Live-Datentransfer zu den weltweiten Wetterdiensten.
Ein Flügelschlag über Grönlands Küste
„Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann theoretisch das Wetter auf der anderen Seite der Erde beeinflussen, jedoch können die meisten Artgenossen fliegen, ohne dem Wetter etwas anzuhaben“, sagt Prof. George Craig von der LMU München, der das internationale Forschungsprojekt NAWDEX (North Atlantic Waveguide and Downstream impact Experiment) leitet. „Es gibt besonders aktive Bereiche in Wettersystemen, auf die Prognosen sensibel reagieren.“ Europas Wettergeschehen im Voraussagezeitraum bis zu 14 Tagen hängt dabei besonders stark von den abgelegenen Regionen über dem Atlantik ab. Dort gibt es ausgedehnte Strömungen schnell aufsteigender Warmluft, die große Windströmungen umlenken und tausende Kilometer weiter auf dem Kontinent ihre Wirkung entfalten. „Entscheidend ist die Kondensationswärme in den Wolken, die starke Winde antreibt“, so Prof. Craig weiter. „Dieser Prozess ist wenig verstanden und unzureichend berücksichtigt in heutigen Wettermodellen.“
Auf der Jagd nach Wettersystemen mit HALO und Falcon
Mit den Forschungsflugzeugen HALO und Falcon fliegen die Forscher vom 19. September bis 16. Oktober in diese Wettersysteme, um hochaufgelöste Daten über Temperatur- und Windverhältnisse sowie Wolkeneigenschaften zu sammeln. „Dabei tasten wir mit RADAR- und auf Lasertechnik basierten LIDAR-Instrumenten sowie Messsonden den Bereich von 14,5 Kilometer Höhe bis hinunter zur Oberfläche ab.“, sagt Dr. Andreas Schäfler vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre, der das Projekt NAWDEX koordiniert. „Unsere beiden Forschungsflugzeuge agieren dabei wie zwei räumlich sehende Augen, die in Regionen, in denen sonst nur wenige Beobachtungen verfügbar sind, einen tiefen Blick in Wind und Wolken ermöglichen.“
Livedaten für die Wetterprognose
Die vom Forschungsflieger HALO abgeworfenen Messsonden gleiten, gebremst von kleinen Fallschirmen, zu Boden und senden ihre Daten dabei direkt zum Flugzeug. „Im Flieger haben wir für die Daten einen Echtzeitlink zu den Wetterdiensten aufgebaut, so dass die gewonnen Messwerte direkt in die Prognosen einfließen“, erläutert Dr. Schäfler. „Dadurch können wir herausfinden, welchen Einfluss unsere Messungen auf die Prognosen insbesondere von ‚High-Impact‘-Wetterereignissen mit großem Schadenspotential haben.“ Auch der Deutsche Wetterdienst speist während der Mission die Daten der Forscher in seine Vorhersagen ein.
Quelle: Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). (JH)