Du hast die Wahl!

Mein Vater sagte einst: „Wenn du nicht wählen gehst, dann wählst du die Radikalen!“ Eine Aussage, deren Unlogik mir zwar gefühlsmäßig sofort einleuchtete, die ich aber damals (als Kind/Jugendlicher) nicht so recht in Worte fassen konnte. Meine Gegenfrage war daher nur: „Wie kann ich etwas wählen, wenn ich nicht(s) wähle?“

Es war in den 70ern, als die „Baader-Meinhof-Bande“ große Erfolge feierte. Erfolge waren das natürlich nur aus deren Sicht, alle anderen bezeichneten es zu recht als Terror. In der Tat war „Linksextremismus“ damals ein großes Problem, der Staat als solcher deren eigentliches Ziel. „Rechts“ hingegen stand nach meiner Erinnerung für „Recht“ und damit „richtig“. Die CDU als Partei stand für konservative Werte, saß rechts im Plenarsaal, und irgendwann wurde auch „rechtskonservativ“ ein Schlagwort. Und das war damals durchaus etwas Positives. Was haben wir aus der Geschichte gelernt?

Inzwischen sind vier Jahrzehnte vergangen, und plötzlich scheinen uns „die Linken“ für eine gute Sache zu stehen, während „die Rechten“ verteufelt werden. Und das, obwohl die Partei „Die Linke“ aus der SED, der ehemaligen „Sozialistischen Deutschen Einheitspartei“ der DDR hervorgegangen ist. Die war seinerzeit sowas von Böse, denn die hatten da drüben ja keine echte Demokratie. Sagte man mir jedenfalls. Ich kann es nicht beurteilen, ich war nie „drüben“.

Was ist nun also mit rechts und links? Haben wir tatsächlich nichts aus der Geschichte gelernt? Was hätten wir lernen sollen? Dass rechts gut und links böse ist? Das wäre wohl zu platt, denn wie man deutlich sehen konnte, war die Beurteilung der politischen Richtung schon in der Vergangenheit keineswegs einfach. Bereits George Orwell tat sich in seinem 1945 erschienenen Roman „Farm der Tiere“ schwer mit solchen Beurteilungen. „Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht“ schien dort zunächst ein passendes Motto zu sein, bis die Vögel fragten, was denn mit ihnen sei. Die schnell zusammengestoppelte Erklärung, die Flügel seien ja auch so etwas wie Beine und sie zählten daher zu den Vierbeinern, klang schon im Roman seltsam fad (und das sollte sie wohl auch).

Meine Meinung? Ich bin der Ansicht, dass Extremismus in jeder Form ein Problem ist: Linksextremismus, Rechtsextremismus, Religionsextremismus, Lebensmittelextremismus. Und dabei möchte ich das Wort in seiner ursprünglichen Bedeutung verwendet wissen, denn extrem bedeutet laut Duden „bis an die äußerste Grenze gehend“. Auch das Wort radikal hat übrigens eine interessante Wurzel, es bedeutet nicht zwangsläufig „gewaltgeprägt“. Aber wen kümmern denn solche Wortursprünge?

Wie dem auch sei: Heute ist Wahl, also wähle! Wähle mit Bedacht, und befrage den „gesunden Menschenverstand“, lass dich nicht von Dogmatikern beeinflussen, und dann stehe zu deiner Entscheidung. Wer noch nicht weiß, was er wählen soll, ist vielleicht beim Wahl-o-Mat gut aufgehoben.

Oh übrigens: Nicht alles, was als „Fakenews“ bezeichnet wird, ist wirklich gelogen. Und nicht alles, was als Wahrheit dargestellt wird, ist wirklich wahr. Niemand hat gesagt, dass es einfach ist.

Christoph Jüngling

Ich bin seit über 25 Jahren selbständiger Softwareentwickler und IT-Berater. Für die Nordhessen-Rundschau schreibe ich unter anderem über IT-relevante Themen mit der Hoffnung, die Hintergründe auch für Laien verständlich zu machen. Denn besonders in der IT-Welt gilt: "Nichts ist so, wie es scheint."

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