MT gegen Flensburg in der Außenseiterrolle
Genau 10 Tage Tage nach dem denkwürdigen Auftritt als Rumpfteam beim Hessenderby empfängt die MT Melsungen die SG Flensburg/Handewitt. Die Partie dieses 22. Spieltages der DKB Handball-Bundesliga wird am Mittwoch um 20.15 Uhr in der Kasseler Rothenbach-Halle angepfiffen. Der Kartenvorverkauf ist bislang gut verlaufen, es gibt aber noch ausreichend Tickets an der ab 18.45 Uhr geöffneten Abendkasse.
Die erste Hürde im neuen Jahr nahm die MT noch leicht und locker. Das Pokalspiel beim Zweitligisten ThSV Eisenach war genau die richtige Aufgabe, um die lange, WM-bedingte Wettkampfpause aus den Knochen zu schütteln. Pflichtsieg eingefahren, Final Four-Teilnahme gesichert – so hätte es gern weiter gehen können. Doch dann wendete sich das Blatt und plötzlich war es das MT-Team, welches geschüttelt wurde. Und zwar tüchtig. Zunächst durch eine herbe 29:34-Heimniederlage gegen die eigentlich bezwingbaren Lemgoer und dann von einer Grippewelle. Und am Mittwoch nun steht der Tabellendritte SG Flensburg/Handewitt in Kassel auf der Matte.
Um den Großteil seiner Stammbesetzung beraubt, wuchs die Rumpftruppe beim Hessenderby in Wetzlar über sich hinaus und stand dicht vor einer Sensation. Dass sich die MT nach einer überraschenden 18:17-Halbzeitführung noch mit 26:29 geschlagen geben musste, fügte dem hervorragenden kämpferischen Bild noch nicht mal einen Kratzer zu. Im Gegenteil: Die MT avancierte dank ihres aufopferungsvollen Auftritts zum Sieger der (nordhessischen Handball-) Herzen und durfte erhobenen Hauptes den Rückzug antreten. “Das Ding ist nun rum und wir können nächste Woche hoffentlich wieder normal weitermachen”, schloß Michael Roth mit dem Hessenderby ab. Das war vor 10 Tagen.
Doch die Hoffnung des Trainers hat sich seitdem noch nicht erfüllt. Denn einerseits ist die MT-Crew immer noch nicht vollzählig, andererseits ließen sich die im Training befindlichen Akteure nicht gleich wieder auf Wettkampfmodus umpolen. “Die Spieler, die es grippal so richtig umgehauen hatte, kommen nur langsam wieder in Tritt. Dies bestätigt im Nachhinein unsere Entscheidung, den erkrankten Akteuren die Zeit zum Auskurieren zu geben. Alles andere wäre fahrlässig gewesen.” so Roth. So war die MT in einer Notbesetzung in Wetzlar angetreten. Zu der gehörten mit Petr Hruby, dem Mitglied der Aufstiegsmannschaft von 2005, und mit Jonas Pitz sogar zwei Spieler aus den Reihen der MT-Zweiten an, die fünf Klassen tiefer in der Bezirksoberliga spielt. Ein zuvor eingereichtes Ersuchen der MT, das Derby zu verlegen, fand weder bei der HBL noch beim Gegner Gehör.
Aber wie Michael Roth schon sagte: “Das Ding ist jetzt rum“. Und deshalb galt seit dem letzten Wochenende die ganze Konzentration der Vorbereitung auf den heutigen Gegner SG Flensburg-Handewitt. Leider musste der MT-Coach aber auch da noch Abstriche machen. Denn Ende letzter Woche wurden Kreisläufer Felix Danner von einem grippalen Infekt und Rückraumshooter Alexandros Vasilakis von einem Magen-/Darmvirus niedergestreckt. Gänzlich passen muss derzeit Grigorios Sanikis. Der Halblinke fällt wahrscheinlich sogar auf unbestimmte Zeit aus, da er sich im Training eine Fußverletzung zugezogen hat. So darf man gespannt sein, in welcher Besetzung, aber vor allem in welcher Verfassung, sich das MT-Team am Mittwoch gegen den klaren Favoriten aus dem hohen Norden präsentiert.
Bei einem Spiel weniger als die beiden vor ihnen liegenden THW Kieler und Rhein-Neckar Löwen weist die SG Glesnburg/Handewitt drei, bzw. vier Minuspunkte mehr auf. Als Tabellendritter ist die Mann-schaft von Trainer Ljubomir Vranjes zwar in Lauerstellung, aber noch nicht bereit, für den ganz großen Wurf. “Wir sind kein Meisterschaftskandidat. Der Abstand zu den Löwen und dem THW ist groß. Wir wollen versuchen, den dritten Platz zu behalten. Wichtig ist, dass wir nächste Saison im europäischen Wettbewerb spielen – möglichst in der Championsleague”, stellt Vranjes in einem Interview mit einem Internet-Portal fest. Dabei lieferte er mit der Championsleague gleich ein gutes Stichwort. Denn auch hier sind die Schleswig-Holsteiner weiter im Rennen. Mit dem 29:29 beim russischen Club Chekhovskie Medvedi sicherten sich Glandorf & Co. Platz zwei in der Gruppe A und dürfen deshalb im Achtelfinale zuerst auswärts antreten.
Aber damit nicht genug, die SG ist auch im nationalen Cup-Wettbewerb vertreten. Beim diesjährigen DHB-Pokal, dem Lufthansa Final Four, heißt der Halbfinalgegner HSV Hamburg. Genau, wie übrigens auch die MT Melsungen, die im zweiten Halbfinale auf den THW Kiel trifft.
“Tanz auf drei Hochzeiten” nennt man das was die Flensburger derzeit vollführen. Und da wird es in den nächsten Wochen und Monaten darauf ankommen, dass man jede dieser Strapazen möglichst gut wegsteckt. Für die Beibehaltung der Verfolgerrolle in der Liga wäre es für die SG zunächst aber wichtig, zwei Punkte gegen die MT zu holen. So, wie sie es in den bisherigen 15 Aufeinandertreffen in der Bundesliga auch stets getan hat.
Doch da will die MT ein Wörtchen mitreden. Irgendwann muss eine solche Serie doch mal zu knacken sein (siehe MT gegen Kiel). Unabdingbar dafür sind drei Dinge: Eine effektive Abwehr, starke Torleute und eine hohe Durchschlagskraft im Angriff. Das wurde z.B. in der Begegnung mit Lemgo vermisst. Ein Torjäger, in dem Falle Vasilakis, war zu wenig. Und auch die Hintermannschaft sowie die Torhüter müssen sich gegenseitig mehr unterstützen. Denn es gilt vor allem, den zweitbesten Angriff der Liga aufzuhalten. Die Flensburger Rückraumachse Lars Kaufmann – Thomas Mogensen – Holger Glandorf, so die Statistik, ist auch in fremden Hallen brandgefährlich. Sie wird unterstützt von den Flügelflitzern Anders Eggert und Lasse Svan Hansen und am Kreis von Michael Knudsen. Im SG-Tor steht mit Mattias Andersson einer der besten Keeper der Liga. Da hat die MT nur im Vollbesitz ihrer Kräfte und mit voller Kapelle eine Chance.
“Gegen einen solch stark besetzten Gegner muss man einfach brennen. Gerade in der Außenseiterrolle, in der wir uns in diesem Spiel befinden werden. Auch wenn es in Anbetracht unserer Kranken- und Verletztenstandes in den beiden letzten Wochen fast unmöglich war, sich in bestimmten Formationen besser einzuspielen. Wenigstens die Basics müssen stimmen. Einsatz, Kampf, Leidenschaft, damit lässt sich immer etwas bewirken”, so Michael Roth. Er geht davon aus, dass ihm am Mittwoch Sanikis und auch Vasilakis nicht zur Verfügung stehen, ebensowenig Zufelde. Hingegen könnte sich Felix Danner bis dahin wieder berappelt haben. Insofern ist es nachvolllziehbar, wenn der Coach von den verfügbaren Spielern erwartet, dass diese sich voll einbringen. So wie zuletzt etwa Jonathan Stenbäcken, der in Wetzlar 60 Minuten hinten wie vorne im Einsatz war und sowohl als Anspieler wie auch in puncto Torgefährlichkeit zu überzeugen wusste.
Pressetext/Foto:Bernd Kaiser