Erst recherchieren, dann veröffentlichen!
Früher war alles besser! Damals, als es nur gedruckte Zeitungen gab und man alles, was man schwarz auf weiß besaß, getrost nach Hause tragen konnte.
Doch es irrt der Mensch, solang er strebt. Auch früher war nicht zwingend alles, was man gedruckt las, auch wirklich wahr. Vor einigen Jahrzehnten gab es eigentlich nur hauptberufliche Journalisten. Trotzdem waren gewisse Zweifel angebracht. Aus meiner Kindheit kenne ich noch den Spruch meiner Eltern: „Was ist das: Liegt auf der Treppe und lügt?“ Die Antwort war „die Zeitung“, und das war wirklich sehr allgemein zu verstehen. Ganz neu scheint dieses Problem mit den falschen Nachrichten also nicht zu sein.
Es ist jetzt sicher nicht so, dass ich der große Journalist wäre. Ich bin „nur“ ein Blogger, und obwohl ich der Meinung bin, dass die Grenzen allmählich verfließen, sollten hauptberufliche Journalisten das alles eigentlich noch viel besser können, dieses „Recherchieren“ und „Schreiben“. Allwissend bin ich nicht, doch viel ist mir bewusst.
Mir ist es übrigens egal, wer sich gerade mal wieder mit Fake-Ruhm bekleckert hat. Es gab eine Zeit, da waren Witze wie „Schwein zu Hackfleisch verarbeitet, Bild sprach mit der Frikadelle“ noch wirklich witzig. Denn jedem war klar, dass sich auch die Bild-Redaktion nicht mit einer Frikadelle unterhalten haben kann. So absurd das war, so klar war der Witz zu erkennen. Denn damals war die Bild-Zeitung die einzige, die mit reißerischen Titeln das Volk aufgerüttelt hat. Wenn andere Medien noch von einem „mutmaßlichen Täter“ schrieben, war dort das Feind-Bild schon festgezurrt. Ich bin zwar davon überzeugt, dass die Redaktion durchaus sehr seriös recherchiert hat, aber die Präsentation war eine deutlich andere.
Ihr wisst, auf unsern deutschen Bühnen probiert ein jeder, was er mag. Heutzutage scheint jeder im Netz nach der Pole-Position zu geiern. Jeder will der erste sein, allein der Vortrag macht des Redners Glück. Ganz im Sinne von Elliot Carver „Denn schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten“ werden Informationen verbreitet, die den Terminus „Nachrichten“ nicht verdient haben; eher sind es als Wahrheit getarnte Prognosen, und sie sind oft weniger stichhaltig als die Wettervorhersagen.
Doch das ist nur der Tragödie erster Teil. Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen. Doch weit gefehlt: Fast jeder glaubt heute blindlings, was er liest! Das ist das eigentliche Problem mit den Fake News. Daher schätze ich Artikel, die die vorschnell veröffentlichten „Nachrichten“ relativieren, wie dieser Artikel auf Übermedien zu der Frage, wie stichhaltig einige Ergebnisse der frühzeitigen Tätersuche des Anschlages auf den BVB-Bus waren. Auch wenn einige nun sicher die Ansicht vertreten werden, in Wahrheit seien die abwiegelnden Berichte über den nur auf finanziellen Gewinn ausgerichteten Täter die eigentlichen Fake News. Ist ja auch viel zu kompliziert, diese Erklärung, wer soll sich das denn ausdenken?
Zu viele Leute scheinen zu schnell zu einem Urteil zu kommen. Sie sehen ihre politische Einstellung bestätigt und preschen vor. Dass man dabei gelegentlich meilenweit am Ziel vorbei schießt kann schon mal passieren. Ist ja auch egal, solange es den eigenen politischen Zielen dienlich ist.
Wir alle werden die neue schreibende Zunft nicht ändern können. Aber wir können vielleicht etwas für die Gegenseite tun: Auch die Leser sollten sich darüber im Klaren sein, wie einfach es ist, heutzutage Nachrichten zu verbreiten, seien es wahre oder erfundene. Dieser Artikel zum Beispiel entstand mit ein wenig Internet-Recherche am heimischen PC. Kein „Rasender Reporter“ also, kein aufdringlicher Mensch mit Mikrofon und dicker Kamera, nur ein einsamer Blogger auf seiner Mission für eine bessere Welt. Das ist des Pudels Kern.
Offenlegung: Einige besonders kreative Teile dieses Kommentars sind freimütig bei Johann Wolfgang Amadeus Freiherr von und zu Goethe abgeschrieben. Man kann halt nicht alles selber machen.