Whisky-Tasting
„Wenn Sie gefrustet sind, dann sollten Sie ihren Frust nicht an einem Single-Malt auslassen.“ — Horst Lüning, www.whisky.de
Spannend ist es allemal, etwas Neues kennenzulernen. Ich war zuvor noch nie bei einem „Tasting“, aber in meiner Fantasie hatte ich natürlich gewisse Vorstellungen. Die wurden — zumindest teilweise — enttäuscht. Aber es hat sich dennoch gelohnt.
Der Raum im Hotel Schäferberg in Espenau ist bereits gut gefüllt. Laut Auskunft einer Mitarbeiterin haben sich etwa 60 Gäste angemeldet. Auf den Tischen sind bereits für jeden Gast sechs Nosinggläser mit den zu verkostenden Whiskys sowie Wasser und Fingerfood vorbereitet. Aus organisatorischen Gründen (es dauert halt eine Weile, bis 360 Gläser gefüllt sind) ist das nachvollziehbar und sieht darüberhinaus sehr hübsch aus. Leider kommen wir damit auch zum ersten Kritikpunkt (obwohl ich das nicht wüsste, wenn ich es nicht irgendwo gelesen hätte): Lange stehende Whiskys im Glas „rauchen aus“, verlieren also einige der Inhaltsstoffe an die Raumluft, die dann im Nosing und im Geschmack nicht mehr wahrgenommen werden. Je länger es zwischen Befüllung und Tasting dauert, desto mehr ist weg, was schade ist.
Speyside Single-Malts
Auf dem Programm standen diesmal Speyside-Single-Malt-Whiskys. Ein Single-Malt stammt nur aus einer einzigen Brennerei und wird aus Gerste hergestellt, die durch Zugabe von Wasser in Malz umgewandelt wird (Quelle: The Whisky Bank). Für Whisky-Kenner ist „Speyside“ natürlich ein Begriff, mir sagte er bis zur Recherche für diesen Artikel erstmal nur, dass es irgend etwas mit Whisky zu tun hat. Die Region Speyside ist laut Wikipedia keine offizielle Regionsbezeichnung. Sie gehört zu den Schottischen Highlands und beschreibt das Einzugsgebiet des Flusses „Spey“, etwa in der Mitte zwischen Inverness und Aberdeen. Der Begriff „Speyside“ (gesprochen: „späiseid“) dient der Identifikation von etwa 50 Brennereien aus dieser Gegend, die ihre Produkte unter diesem gemeinsamen Label vermarkten. Die Gemeinsamkeit ist deren Charakteristik, „eher rund und fein, wenig bis gar nicht getorft“ (Wikipedia) zu sein.
Eine Erläuterung auf www.schottischerwhisky.com bringt es auf den Punkt: „Für die Herstellung von Whisk(e)y benötigt man nur 3 Dinge: Getreide, Wasser und Hefe. Umso erstaunlicher ist es, zu welcher Aromenvielfalt ein ausgereifter Whisk(e)y es bringen kann.“ Offensichtlich spielt der gesamte Herstellungsprozess eine entscheidende Rolle, zu dem die Auswahl des Getreides und dessen Vorverarbeitung ebenso gehört wie die Form der Brennblasen, die Art und Dauer der Lagerung bis hin zum verwendeten Holz und der Geschichte der verwendeten Fässer. Die Unterscheidung in der Schreibweise Whisky (für die schottischen und kanadischen Sorten) oder Whiskey (irische und US-amerikanische) wurde übrigens erst Anfang des 20. Jahrhunderts eingeführt, als einige Dubliner Brennereien das vorher nicht übliche „e“ ergänzten, um sich von der schottischen Konkurrenz abzusetzen.
Durch den Abend führte Dieter Streck von der Hospitalskellerei. Er leitete jeden Whisky mit einem kurzen Abriss der oft bewegten Geschichte der Brennerei ein und ging dabei auch auf den für Deutsche manchmal etwas verwirrenden Unterschied zwischen geschriebenem und gesprochenem Wort ein. So spricht sich laut Streck der Name „Craigellachie“ wie „krickilickie“ aus.
Es scheint dabei fast normal zu sein, dass viele Brennereien im Laufe der Zeit des öfteren geschlossen und wieder eröffnet wurden. Dass oft finanzielle Gründe dafür ausschlaggebend waren, kann man nachvollziehen. Die Jahresangaben auf den Flaschen sind ja nicht aus der Luft gegriffen. Auch der jüngste Whisky braucht seine 10 Jahre zur Reifung, und nach Gründung einer Brennerei muss der Kaufmann diese 10 Jahre vorfinanzieren können. Da schlagen der Bau des Gebäudes und der Einrichtung, der Einkauf des Rohmaterials und nicht zuletzt auch die Löhne der Mitarbeiter ordentlich zu Buche.
Insgesamt stellte Herr Streck sechs Speyside-Whiskys vor, wobei die Reihenfolge besonders zu beachten ist: Miltonduff 10-jährig, Glen Moray, Craigellachie 13-jährig, Tomintoul 16-jährig, BenRiach 15-jährig und Benromach Hermitage. Von jeder Sorte gab es 2 cl, dazu wurde vom Haus Fingerfood, Stilles Wasser (beides wurde immer wieder nachgelegt) und eine Gulaschsuppe in der Pause gereicht, das alles für 59 € pro Person. Ein ordentliches Angebot. Selbstverständlich gab es die Möglichkeit zum Kauf der Produkte, worauf allerdings von Seiten des Veranstalters dankenswerterweise nicht hingewiesen wurde. Auch Preise wurden erst auf konkrete Nachfrage genannt. Das ist fair, immerhin bezahlt man für den Abend, es ist keine Verkaufsveranstaltung.
Ein Blick auf die Karte zeigt, dass die Namen der Whiskys sich manchmal aus den Standorten der Brennereien ableiten. So sind Tomintoul, Dufftown, (The) Glenlivet und Aberlour (der nicht vorgestellt wurde) als Städte oder wenigstens Orte zu finden, während Moray ein Verwaltungsgebiet (engl. „council“) ist. Der Begriff „Glen“, der in vielen Whiskysorten zu finden ist, ist übrigens das englische Wort für ein „Bergtal“.
Der zeitliche Ablauf war ausgesprochen moderat, es entstand nur an einer Stelle etwas Hektik, und zwar bei den Erklärungen. Die Reihenfolge des Tastings hatte übrigens einen guten Grund. Die Sorten wurden im Aroma zunehmend kräftiger, so dass die Geschmacksnerven Gelegenheit hatten, sich an etwas neues und intensiveres zu gewöhnen. Ich habe das ausprobiert, indem ich am Ende nochmal von den Resten der vorherigen Sorten probiert habe. Den Geschmack, wie er in meiner Erinnerung vorhanden war, konnte ich dann zumeist nicht mehr nachvollziehen; sie schmeckten nun sehr fad.
Persönliches Fazit
Die dienstbaren Geister des Schäferbergs waren wie üblich angenehm freundlich, hilfs- und auskunftsbereit und immer für einen Scherz zu haben. Der lockere Umgang mit dem Gast, ohne dabei die Gebote des guten Geschmacks und der Höflichkeit vermissen zu lassen, ist vielleicht eines der subtilen Markenzeichen des Betriebes, den ich bereits seit vielen Jahren immer wieder gern aufsuche. Der Service rund um das Tasting war dementsprechend hervorragend und professionell.
Von einigen Gästen wurden die Auswahl des Fingerfoods und der Nosinggläser bemängelt. Weißbrot und Mineralwasser ohne Kohlensäure sind wohl anerkanntermaßen die richtige Wahl gewesen, jedoch waren Käse und Schinken vom Eigengeschmack her zu intensiv. Was die Gläser betrifft, kann ich nicht mit reden, weil mir die Erfahrung fehlt. Dies wird allerdings in den unten verlinkten Videos ausführlich erläutert.
Wie schon eingangs gesagt, meine Vorstellungen von einem Whisky-Tasting waren andere. Als erstes hätte ich mir eine Anleitung zum richtigen Tasting gewünscht. Sicher gibt es hier Varianten, aber wenigstens eine davon wäre hilfreicher gewesen als gar keine.
Die Erläuterungen zu den einzelnen Sorten erfolgten für meinen Geschmack viel zu schnell, insgesamt gab es zu viele Worte für zu wenig verwertbare Information. Dabei finde ich die Geschichte der Brennereien durchaus interessant, aber es wirkte auf mich zu sehr auswendig gelernt. Das galt auch für die Schilderungen der Aromen, die man riechen und schmecken sollte. Diese konnte ich größtenteils nicht nachvollziehen, was aber keine Kritik an der Veranstaltung ist, sondern eher meiner geringen Erfahrung geschuldet sein dürfte.
Den Ausdruck mit den präsentierten Whiskys hätte jeder Gast auf seinem Platz vorfinden sollen, ebenso wie einen kleinen Notizblock mit einem Stift. Das ist nicht nur Usus bei einer Präsentationsveranstaltung, sondern auch nutzbringend für den Gast, der im Anschluss vielleicht doch noch entscheidet, die eine oder andere Flasche zu kaufen.
Eine Gute Idee wäre auch, dezente landestypische Musik zumindest während der Pausen zwischen den Erläuterungen einzuspielen. Dann noch gedämpfteres Licht und Individualbeleuchtung auf den Tischen — fertig ist das Barfeeling. Für mich gehört ja Jazz einfach zum Whisky (eigentlich dann ja „Whiskey“) dazu, auch wenn ich keinen Bourbon trinke, aber Highlandmusik wäre auch nett gewesen. Da fühlt man sich gleich wie bei Connor MacLeod.
Eine kleine Multimediashow der Brennerei von max. 3 Minuten als Einführung jeder Runde (anstelle der gesprochenen Erläuterungen) wäre schön gewesen. Als Beispiel hier eine etwas längere Version von Laphroaig, die von Ardberg gibt es sogar auf Deutsch (beide Distilleries sind von Islay, einer anderen Region).
Alles zusammen würde aus meiner Sicht die ganze Veranstaltung zu einem Erlebnis für alle Sinne machen. Das hätte ich mir gewünscht.
Weitere Informationen
Wer über das Geschriebene hinaus noch weitere Informationen sucht, wird im Netz natürlich zahlreiche Quellen finden. Mir persönlich hat die kleine Videoserie von Horst Lüning (www.whisky.de) sehr gefallen, die im Grunde alles erklärt, was ich bei dem beschriebenen Tasting vermisst habe.
In eigener Sache: Der Autor hat die Teilnahme selbst bezahlt, es hat keinerlei Zuwendungen vom Hotel, der Hospitals-Kellerei oder dritter Seite gegeben. (SF)