Verschwörungstheorien und Politik
Einen interessanten Bogen von Chemtrails zu Populisten schlägt Harald Lesch in seinem kurzen Video „Gibt es Chemtrails?“. Interessant ist dabei, dass die Denkweise, die hinter Verschwörungstheorien steckt, offenbar tief in unseren Genen verankert ist.
Die ständige Redewendung eines Freundes „Es gibt für alles einen Grund!“ hat mich schon manchmal in Situationen nachdenklich gemacht, wo ich eigentlich lieber nur über die Dämlichkeit meines Gegenübers geschimpft hätte. Was wäre denn, so fragte ich mich oft, wenn es doch einen Grund gäbe, den ich nur noch nicht entdeckt habe? Vielleicht fehlen mir entscheidende Fakten, deren Kenntnis die Situation in einem völlig anderen Licht erscheinen ließen.
Dass dies alles keineswegs nur einem kranken Hirn entsprungen sein kann, ist gut vorstellbar, wenn wir mal unsere Herkunft betrachten (Zitat von Harald Lesch aus dem Video):
„Es ist evolutionär günstiger, viele male einen Busch für einen lauernden Bären zu halten,
als ein einziges mal einen lauernden Bären für einen Busch.“
Dieses Prinzip wird „Hyper Agency Detection“ genannt und sorgt für unser Überleben, seit es Menschen gibt. Es beinhaltet jedoch den entscheidenden Nachteil einer hohen Rate von Fehlalarmen. Auch wenn dies gemäß der oben angenommen Situation eine positive Auswirkung auf das Überleben des Einzelnen und damit der Spezies als Ganzes hat, sind Fehlalarme („false positive“) im allgemeinen ausgesprochen nervig.
Fehlalarm im Wohnzimmer
Nehmen wir einfach mal an, ein Besucher würde auf dem Balkon eine Zigarette rauchen und der liebliche Duft der großen weiten Welt zöge in Ihre Wohnung. Ein Nichtraucher mag es bereits als störend empfinden, wenn die ersten Rauchschwaden seine Nase kitzeln, doch gefährlich ist das sicher erst einmal nicht, weder gesundheitlich noch feuertechnisch. Stellen Sie sich nun aber vor, der Rauchmelder in Ihrem Wohnzimmer sei ähnlich empfindlich wie Ihre Nase und würde jedes mal mit ohrenbetäubendem Pfeifen gegen den rauchenden Gast protestieren. Ich denke, Sie würden dem Rauchmelder sehr schnell einen Platzverweis erteilen, alternativ dem Gast. So oder so, das Problem wäre damit gelöst.
Dennoch wären Rauchmelder, die ständig warnen, ziemlich sinnlos. Denn wenn es dann im Ernstfall wirklich mal berechtigt wäre, würde niemand mehr darauf hören. So ähnlich wie die Auto-Alarmanlagen, an die sich irgendwann auch jeder gewöhnt hat. Wann haben Sie in so einem Fall das letzte mal die Polizei gerufen oder auch nur aus dem Fenster geschaut?
Fehlalarm in der Politik
Laut Lesch arbeiten Populisten nach dem gleichen Prinzip. Medien, Gerichte, (die anderen) Politiker, alle sind böse und haben einen fiesen Plan, die Weltherrschaft zu übernehmen. Auch wenn es im Einzelfall mal beweisbar nicht stimmt, egal, es hätte aber stimmen können und wir alle müssen wachsam bleiben! Und dann kommt sofort der nächste um die Ecke und unterstellt dem politischen Gegner ein anderes Fehlverhalten.
Das Internet wiederum ist ein hervorragendes Medium für alle Seiten. Egal was man sucht, man wird es finden. Sei es nun, dass die Erde eine Scheibe sei, Beweise für das Phänomen der Chemtrails, dass die Twin Towers in Wahrheit von den Amerikanern selbst torpediert wurden, die unauffindbaren Massenvernichtungswaffen im Irak, oder das nichtexistente Bielefeld.
Wer suchet, der findet. Und da diese Suche in der Regel eine gezielte Suche und der Geist bereits vorbelastet ist, wird jeder Fund als Bestätigung gesehen. Jeder fehlende Fund wiederum wird als Beweis dafür empfunden, dass DIE ANDEREN gerade diese Beweise einfach zu gut versteckt haben, was natürlich ebenfalls eine Bestätigung für die Theorie ist, nach der gesucht wurde.
Harald Lesch:
„Der Homo Sapiens mag inzwischen Computer und Smartphones benutzen und Rekordlebenserwartungen verzeichnen, doch seine zur Angst neigende Psyche wurzelt in den bedrohlicheren Lebensumständen der Steinzeit.“