Verwaltungen und Rettungsdienste in Gefahr
Tagung Krifa in Münster befasst sich mit der Analyse kritischer Infrastrukturen
Münster. Mit Evakuierungen sehr großer Gebiete haben Gefahrenabwehrbehörden in Deutschland wenig Erfahrung – zum Glück, sind doch Gefahrenlagen oder Katastrophen, die solche Maßnahmen erfordern, eher selten. „Die Folge ist, dass es nur wenig Praxisbeispiele gibt“, erklärt Benno Fritzen, Leiter der Feuerwehr Münster. Dennoch: Einige Behörden mussten bereits in kurzer Zeit dichtbesiedelte Stadtviertel räumen und die Bewohner anderweitig sicher unterbringen. Für den notwendigen Erfahrungsaustausch für diesen Fall der Fälle sorgt am Mittwoch, 19. April, die Fachtagung Krifa im Messe und Congress Centrum Halle Münsterland.
Wie die Berufsfeuerwehr Köln eine außerordentlich umfangreiche Evakuierung als Folge einer Bombenentschärfung meisterte, wird Frank Stobbe, Leitender Branddirektor aus der Rheinmetropole, erläutern. Erforderlich war die Unterbringung mehrerer tausend Menschen – insofern gibt es Parallelen zur aktuellen Situation der Flüchtlinge, die ebenfalls ein Aspekt der Krifa ist. Andreas Sirtl von der Berliner Feuerwehr leitet eine „Task Force Flüchtlingsmanagement“ und berichtet von seinen Erfahrungen.
Der Krifa geht es vor allem darum, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass nicht nur die IT-Technik oder die Energie- und Wasserversorgung geschützt werden müssen. „Verwaltungen, Rettungsdienste und Feuerwehren sind selbst kritische Infrastrukturen“, erklärt Christoph Brodesser vom DRK Landesverband Westfalen-Lippe. Es gelte zu prüfen, „wo bin ich selbst gefährdet, wo gefährde ich Dritte“. Auch dazu liefert die Krifa ein konkretes Beispiel: Stefanie Wied, Leiterin der DRK-Kinderklinik in Siegen, berichtet, wie der Ausfall eines OP-Traktes kompensiert wurde.
Methoden, um Schwachpunkte in Infrastrukturen aufzudecken, liefert die Kritikalitätsanalyse. Prof. Alexander Fekete vom Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr an der FH Köln erläutert das Prinzip: „Wir sehen uns dabei an, welche Teile für das Funktionieren beispielsweise eines Stromnetzes oder der Wasserversorgung essenziell sind und welches die gravierendsten Auswirkungen bei einem Ausfall wären“.
Derzeit werde in einem Forschungsprojekt untersucht, was in Behörden, Feuerwehren und Krankenhäusern mindestens funktionieren müsse, um eine Minimalversorgung aufrecht zu erhalten. Dabei reiche es nicht, zum Beispiel ausreichend Notstrom bereit zu stellen, sondern es gelte, auch die Mitarbeiter selbst im Blick zu behalten – was also tun, wenn sie im Katastrophenfall nicht mehr zu ihrem Arbeitsplatz gelangen können? „Priorisieren“ laute eine Lösung. „Im Vorfeld muss geplant werden, wie zumindest die wichtigsten Einrichtungen mehrfach mit Fachpersonal besetzt werden können“, erläutert Prof. Fekete.
Die Krifa blickt aber auch über den Tellerrand hinaus. Prof. Joachim Gardemann, Leiter des Kompetenzzentrums Humanitäre Hilfe der FH Münster, leitete 2014 zwei Monate lang ein Ebola-Behandlungszentrum in Sierra Leone und erläutert die Maßnahmen des Internationalen Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds.
Nähere Informationen zur Krifa und Anmeldungen unter www.krifa.de.
(CB)