Warum uns das Wetter im Januar 2022 interessieren sollte
München, 24.01.2022 – Milder Winter in Deutschland und Hitzerekorde auf der anderen Seite der Welt. Das Wetter im Januar 2022 ist global gesehen alles andere als normal und unterstreicht sehr deutlich, dass der Klimawandel voranschreitet. In seiner aktuellen Kolumne fasst wetter.com-Meteorologe Paul Heger die Fakten zusammen und plädiert dafür, einer aufklärerischen Wetterberichterstattung mehr Raum zu geben.
Zu mild und zu trocken: Status Quo des deutschen „Winter“-Monats
Es ist normal, dass der Winter in Deutschland großen Temperaturschwankungen unterliegen kann und dass ein Jahr mal deutlich milder ausfällt als das vergangene. Doch der Januar 2022 reiht sich ein in einen generellen und besorgniserregenden Trend.
Wie schon im letzten Winter kamen in kurzer Zeit die größten Mengen Niederschlag zusammen – besonders in der Mitte Deutschlands – während es abseits davon nur lausig vor sich hin tröpfelte. So war es trotz Hochwasser verbreitet viel zu trocken.
Und warum schneit es abgesehen von Bayern und den höheren Lagen kaum? Weil es viel zu mild ist. Für die ersten 20 Tage des Monats standen wir bei einem deutlichen Plus von knapp 4 Grad verglichen mit dem Klimamittel von 1961 bis 1990. Wir erinnern uns: Anfang des Monats sind Hartgesottene bei bis zu 18 Grad im Shirt draußen gewesen. Regional war es der wärmste Jahreswechsel seit Messbeginn. Kühlere Phasen wie jetzt bringen uns zwar immerhin zwischendurch ein paar Flocken und Frost, aber „richtiger“ Winter sieht natürlich anders aus.
Steckt der Winter nur woanders?
Blicken wir nach Russland und Skandinavien, ist es dort zwar deutlich kühler und auch verbreitet weiß, aber selbst der Eisschrank Sibirien funktioniert nicht tadellos und friert meist im Sparprogramm.
In Norwegen war es ungewöhnlich nass. Während es bei uns kaum regnete, sind die Tiefs mit ihren Niederschlägen über Skandinavien gezogen und haben vor allem in den ersten Tagen und Mitte Januar teils Hunderte Liter Regen abgelassen. Hohe Pegelstände und immer wieder heftiges Tauwetter waren die Folge. Den Ausgleich zu unserem Mildwinter gibt es phasenweise wie aktuell über Südosteuropa. Kalte Luft sorgte hier am Wochenende sogar für Schnee an der Ägäis.
Mehr Winter gibt es auch in Nordamerika. Hier liegen die Temperaturen tatsächlich immer wieder deutlich unter dem Klimamittel und Schnee und Eis breiten sich weit bis nach Süden aus. Das ist hier durch die Gestalt des Kontinents mit seinen Nord-Süd-ausgerichteten Gebirgen zwar gewöhnlich, aber wie schön ist doch etwas Normalität?
Der Norden schmilzt, der Süden glüht
Während Mitte des Monats vor allem die Causa Djokovic die Medien beschäftigte, ging dabei fast unter, dass am 13. Januar in Onslow an der australischen Westküste ein für uns unvorstellbarer Hitzerekord von 50,7 Grad eingestellt wurde.
Auch in Südamerika ereignet sich seit dem 9. Januar eine historische Hitzewelle. Besonders betroffen sind Argentinien, Paraguay, Uruguay und der Süden Brasiliens. Selbst mitten in der Antarktis wurde an der argentinischen Polarstation „Belgrano II“ mit 11,4°C ein neuer Wärmerekord gemessen. Und aktuell ist es auch im Westen Südafrikas deutlich heißer als üblich.
Nicht normal. Und gerade deswegen sollten wir hinschauen!
Es gibt mittlerweile keine Region auf dieser Welt, in denen sich der fortschreitende Klimawandel nicht bemerkbar macht. Extreme Wetterereignisse kommen immer häufiger vor. Kein Wunder also, dass sich die (Wetter-) Berichterstattung ändert und noch mehr ändern muss.
Nicht selten wird uns Meteorologen Sensationslust vorgeworfen, wenn wir von neuen Extremen und Rekorden sprechen, doch ich sehe es als unsere Pflicht an, immer wieder den Finger in die Wunde zu legen. Nur so kann ein Bewusstsein geschaffen werden. Und nur dann wird auch gehandelt.
Die komplette Kolumne finden Sie auch hier.
PM: Amelie Rösinger