Die Pioniere der Reformation

Die Pioniere der Reformation
Foto: RMN v.l.n.r. Holger Schach, Geschäftsführer Regionalmanagement Nordhessen Klaus Brill, Autor Bischof Martin Hein, Evangelische Kirche von Kurhessen Waldeck
Foto: RMN v.l.n.r. Holger Schach, Geschäftsführer Regionalmanagement Nordhessen
Klaus Brill, Autor Bischof Martin Hein, Evangelische Kirche von Kurhessen Waldeck

Vor 500 Jahren wurden in Nord- und Mittelhessen die Ideen Martin Luthers schneller umgesetzt als anderswo  –  Ein forscher Landgraf stand an der Spitze der Bewegung – Neue Publikation stellt die Reformationsorte der Region vor

Wie in Sachsen und Thüringen so steht auch in Nord- und Mittelhessen das Jahr 2017 ganz im Zeichen der Reformation. Denn in dieser Region hat Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen vor 500 Jahren als einer der ersten die Ideen Martin Luthers in die Tat umgesetzt. „Es gibt in der Region Kassel-Marburg eine ganze Reihe von Orten, deren Namen mit wichtigen Entwicklungsschritten im Verlauf der Reformation verknüpft sind“, erklärte Holger Schach, Geschäftsführer der Regionalmanagement Nordhessen GmbH. Als Beispiele nannte er die Städte Marburg, Homberg (Efze), Ziegenhain und Kassel sowie die Klöster Haina und Merxhausen.

Mit der Publikation eines handlichen Kultur- und Geschichtsführers eröffnet das Regionalmanagement Nordhessen am 16. März 2017 eine Kampagne, die die einstige Landgrafschaft Hessen als „Pionierland der Reformation“ vorstellt. Das Territorium umfasste vorwiegend Nord- und Mittelhessen sowie kleinere Gebiete in Südhessen, es war jedoch nur knapp halb so groß wie das heutige Bundesland Hessen. „Nicht nur für die Bewohner der Region, sondern auch für Gäste von außerhalb hat gerade im Jubiläumsjahr 2017 ein Besuch in den Reformationsorten Nord- und Mittelhessens einen hohen Reiz“, so Regionalmanager Schach weiter.

Was dort im Einzelnen vor 500 Jahren geschah, wird in dem reich illustrierten Kulturführer „Hessen – Pionierland der Reformation“ auf knapp 100 Seiten umrissen. Verfasser ist der Journalist und Autor Klaus Brill, der lange für die Süddeutsche Zeitung tätig war und jetzt in Nordhessen lebt. Im Zentrum seiner Darstellung steht die Persönlichkeit des Landgrafen Philipp des Großmütigen (1504-1567), der einer der wichtigsten politischen Führer der Protestanten in Deutschland war. „Ihm verdankt die Reformation viel, obwohl gerade er es war, der sie auch in höchste Gefahr brachte“, erklärt dazu Martin Hein, Bischof der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck, in einem Geleitwort. „Darum lohnt sich im Jubiläumsjahr 2017 der Blick zurück auf die Entwicklung in Hessen: Wie in einem Brennglas kann man hier alle Aspekte der Reformation in einem relativ geschlossenen Territorium erkennen“, schreibt der Bischof weiter.

„Landgraf Philipp war im Auf und Ab des Reformationsprozesses ein sehr wichtiger, wenn auch sehr eigenwilliger Verbündeter Martin Luthers und der erbittertste Gegenspieler von Kaiser Karl V., dem Führer des katholischen Lagers“, sagt auch der Autor Klaus Brill. „Philipp war der bedeutendste aller hessischen Landgrafen und er war europaweit vernetzt. Seine schillernden  Widersprüche sowie seine spektakulären Erfolge und Niederlagen machen ihn zu einer der faszinierendsten Persönlichkeiten seiner Epoche in Deutschland.“

Den Anstoß zur Einführung der Reformation gab Landgraf Philipp im Oktober 1526, als er Ritter, Klerus und Städte seines Territoriums zu einer Versammlung nach Homberg (Efze) einlud. Dieses Treffen ging als erste evangelische Synode in Hessen und als eine der ersten der Welt in die Geschichte ein. Die dort erörterten Ideen hatten nach dem Urteil des preußischen Historikers Leopold von Ranke „eine unermessliche, welthistorische Wichtigkeit“.

1527 hob Philipp als erster Landesherr sämtliche Klöster auf. Ihre Einkünfte wurden teilweise für die im selben Jahr gegründete Universität Marburg verwendet, die erste evangelische Hochschule der Welt. Die Klöster Haina und Merxhausen wurden 1533 in Spitäler für Arme und Kranke vom Land umgewandelt. Eine weitere hessische Pioniertat waren die „Erfindung“ der Konfirmation und die Einführung des Amtes der Kirchenältesten, die 1539 auf einer geheimen Theologenkonferenz in der Festung Ziegenhain beschlossen wurden. Ein epochales Ereignis war zudem das Marburger Religionsgespräch im Jahr 1529, bei dem Landgraf Philipp vergeblich versuchte, die Aufspaltung der Protestanten in eine lutherische und eine reformierte Richtung zu verhindern.

Als weitere Orte der Reformation in Hessen werden in dem Kultur- und Geschichtsführer unter anderen auch Frankenberg (Eder) und Bad Hersfeld präsentiert. In Frankenberg lebte und wirkte als „Bildhauer der Reformation“ der Formenschneider Philipp Soldan (ca. 1500-1570), der auf eisernen Ofenplatten die Botschaften der Reformation vermittelte. Im einstigen Benediktiner-Kloster Hersfeld war 1521 auf der Rückreise vom Reichstag in Worms der Reformator Martin Luther zu Gast und hielt eine Predigt.

Nicht zuletzt wird in dem Büchlein auch die thüringische Kleinstadt Schmalkalden porträtiert, die damals zur Landgrafschaft Hessen gehörte und kirchlich bis heute der Landeskirche Kurhessen-Waldeck zugeordnet ist. Nach diesem Ort sind der Schmalkaldische Bund, die damals von Landgraf Philipp mitbegründete Militärallianz der Protestanten, und der Schmalkaldische Krieg benannt.

Buchtitel:

Hessen – Pionierland der Reformation, Ein Kultur- und Geschichtsführer von Klaus Brill; mit Fotos von Katharina Jaeger; Herausgeber: Regionalmanagement Nordhessen GmbH, Verlag: Evangelischer Medienverband Kassel GmbH,  Kassel 2017; Preis: 12,95 €

NHR

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