Die Maut ist fairer als die Steuer

Die Maut ist fairer als die Steuer

Wann immer über Gebühren die Rede ist, gibt es naturgemäß zwei verschiedene und in der Regel unversöhnliche Lager. Die, die kassieren wollen, sind natürlich dafür, und sie führen oft genug auch zahlreiche Gründe an, wieso diese Maut gerade hier sinnvoll ist. Auf der Gegenseite sind dann die Leute, die diese Maut bezahlen müssen. Es scheint einfach und logisch, dass sie das nicht gerne tun. Aber muss es wirklich so sein? Könnte nicht auch jemand, der zu den Zahlungspflichtigen zählt, für die Maut sein? Man kann ja zumindest mal drüber nachdenken.

Maut Identity

Mautstation Öresundbrücke
Mautstation Öresundbrücke
Foto © by Ulrike Jüngling

Die Finanzierung spezieller Bauprojekte ist eine gern genommene Aussage, die wir vor längerer Zeit in Frankreich häufig hörten. Dort gehört die Maut auf Autobahnen fast zur Normalität. An die Preise erinnere ich mich leider nicht mehr, aber in Skandinavien habe ich in jüngster Zeit des öfteren Maut bezahlen müssen. Da ist zum Beispiel die Öresund- und die Storebælt-Brücke. Diese erheben eine nicht gerade geringe Nutzungsgebühr. Im Vergleich dazu hatten wir mal in Oslo eine Nebenstraße befahren und einige Wochen danach eine kleine Rechnung bekommen (es ging nur um ein paar Euro). In Schweden gibt es außerdem die Citymaut in Stockholm und eine weitere am Vätternsee. Ansonsten kommt die Maut in Dänemark und Schweden eher selten vor. In Norwegen hingegen ist die Liste der vom EasyGo-System unterstützten Mautstrecken unerwartet lang.

Da es bei manchen Strecken durchaus auch Fähren als Alternative gibt, lohnt natürlich auch eine Betrachtung, wie deren Kosten im Verhältnis zur Brückenmaut aussehen. Betrachten wir zum Beispiel den Weg von Deutschland nach Schweden. Bleibt man beim PKW, bietet sich die Autobahn über Flensburg, Dänemark und die Öresundbrücke an. Dabei haben wir die beiden schon genannten Brücken, die zu bezahlen sind, sonst nichts. Alternativ kann eine Fähre von Puttgarden (auf Fehmarn) nach Rødby (Dänemark) genommen werden, damit entfällt dann der längere Weg über die Storebæltbrücke. Als Alternative zur Öresundbrücke steht die fast genauso teure Fähre von Helsingør (Dänemark) nach Helsingborg (Schweden) zur Verfügung.

Dass man eine Fähre bezahlen muss erscheint wohl jedem selbstverständlich. Umso seltsamer mutet es an, dass man bei der Straßen- oder Brückenbenutzung das Diskutieren anfängt. Doch anders herum kann man auch fragen: Wieso sollte man keine Gebühr für eine Straße bezahlen müssen? Ach so, die Steuer, ja richtig. Da sind wir wieder beim Thema: Maut oder Steuer, aber bitte nicht beides!

Maut Supremacy

Nun will ich keineswegs eine Lanze für die Lebensart der Ferengi brechen. Diese fiktive Spezies aus dem Star-Trek-Universum treibt die Gier auf die Spitze, dort muss sogar für die Aufzugbenutzung, für einen Stuhl im Wartezimmer oder für ein Handtuch beim Betreten eines Wohnhauses bezahlt werden. Doch nehmen wir einfach mal an, dass auch in Deutschland zumindest Autobahnen und vielleicht auch die parallel verlaufenden Landstraßen kostenpflichtig wären. Ohne diese Kosten würde die Landstraße zwangsläufig überlastet werden, mit der Maut wäre somit nichts gewonnen, weder im Hinblick auf die Regulierung des Verkehrs, noch bezüglich der Einnahmen.

Selbstverständlich erwarte ich in dem Fall, dass die pauschale Straßenbenutzungsgebühr – genannt „Kfz-Steuer“ – wegfällt oder zumindest deutlich reduziert wird. Auch der Steueranteil auf das Benzin kann und sollte dann zur Diskussion stehen. Warum sollte man das tun?

Der Hauptgrund wäre aus meiner Sicht eine echte Nutzungsgebühr! Wer eine Autobahn nutzt (befährt), der soll ruhig auch zu ihrer Erhaltung beitragen. Wenn ich dies hingegen nie tue, fehlt mir auch jedes Verständnis für eine entsprechende Abgabe. Ich finde ein solches System erheblich fairer als das pauschale, wie es jetzt existiert. Hinzu kommt, dass auf diese Weise eine europäische Harmonisierung möglich wäre, die doch an anderer Stelle immer gern als Argument für die Notwendigkeit der EU angesehen wird. Wenn alle europäischen Länder eine nutzungsabhängige Maut hätten, könnte sich keiner mehr darüber beschweren, dass in Deutschland nur die Bürger für die Straßen zur Kasse gebeten werden, nicht aber die Gäste. Im Moment ist es für die Deutschen im Ausland doppelt ärgerlich: Sie zahlen daheim für die eigenen Autobahnen die jährliche Pauschale, und im Ausland für die Nutzung der fremden dann nochmal. In etwa umgekehrt sieht es für unsere Gäste aus.

Maut Technology

Mal ganz einfach gesprochen: Es muss einfach sein. Umständlich alle paar Kilometer halten, Schritttempo fahren, Münzen in einen Automaten stecken, das macht keiner gerne. Ebenfalls einfach gedacht: Wenn der Aufwand, die Maut einzutreiben, die Einnahmen übersteigt, können wir es auch gleich lassen. Ein starkes Gegenargument wird vermutlich der Skandal um die LKW-Maut liefern. Was hier mit riesigem finanziellen Aufwand (zunächst nicht) geschafft wurde, ist in anderen Ländern längst Stand der Technik. Der Unterschied ist allerdings frappierend. In Deutschland hat man versucht, mittels GPS-fähigen Geräten in den Fahrzeugen eine Abrechnung zu erreichen. Als man feststellte, dass parallel verlaufende Landstraßen häufig zu fehlerhaften Abrechnungen geführt haben, hat man zusätzlich Kamera-Brücken über den Autobahnen gebaut. Nun werden unnötigerweise wahrscheinlich alle Fahrzeuge automatisch gefilmt, während die GPS-Erfassung wertvolle Bewegungsdaten liefert. Doch es geht auch anders.

Ich habe für Skandinavien zum Beispiel ein kleines Gerät beschafft, genannt „Bizz“. Es hat mich fast nichts gekostet, ich habe lediglich 200 DKK (ca. 26 €) als Pfand investiert. Dieser Transponder agiert im EasyGo-Verbund und kann daher für viele Bezahlstrecken in Skandinavien verwendet werden. Er reagiert auf äußere Reize im Prinzip wie ein RFID-Chip in der Kleidung. Im Stile der NFC-Technik antwortet der Bizz auf das Signal eines entsprechenden Kontrollgerätes, sendet außerhalb solcher Anlagen aber keinerlei Signale aus. Das könnte er auch gar nicht, da er keine eigene Batterie enthält und an keine Stromquelle angeschlossen ist.

Gegenüber der Kontrollstelle identifiziert sich der Bizz und ermöglicht dadurch eine im doppelten Wortsinne reibungslose Abwicklung der Mautzahlung. Im Fahrzeug höre ich nur ein kurzes „Piep“, dann öffnet sich die Schranke oder die Ampel springt auf grün, und ich kann weiter fahren. Mit verhältnismäßig wenig baulichem Aufwand könnten solche Kontrollstellen an allen Einfahrten von Autobahnen angebracht werden. Sollte bei einem Fahrzeug keine Kommunikation zustande kommen, bleibt die Schranke einfach zu, dann braucht man einen Menschen. Bei einer vollautomatischen Abwicklung könnte alternativ ein Foto des Kennzeichens gemacht werden, über das dann die Abrechnung ermöglicht wird. Dabei fände ich es sinnvoll, einen ordentlichen Rabatt für die Bizz-Nutzer einzuplanen, denn deren Abrechnung ist ja weniger aufwändig als das Verfahren mit dem Foto. Manche skandinavischen Anbieter machen sowas tatsächlich schon.

Maut Ultimatum
Hinweis auf die Mautstation mit Spureinteilung
Hinweis auf die Mautstation mit Spureinteilung

Foto © by Ulrike Jüngling

Betrachtet man das deutsche Autobahnnetz, wird man unweigerlich ahnen, dass die Kontrolle an Einfahrten allein nicht ausreichen würde. Zu lang wäre die Strecke, die man dann unkontrolliert damit fahren könnte, was wieder einer (nur anderen) pauschalen Abrechnung entspräche. Aber dafür gibt es ja bereits die Mautbrücken. Diese überspannen jeweils alle Fahrspuren der Autobahnen und kontrollieren derzeit nur die LKWs. Würde man diese so umbauen, dass die Fahrzeuge spurtreu und langsam durchgeführt würden, dann ließe sich wahrscheinlich auch die LKW-Maut erheblich einfacher und vielleicht sogar kostengünstiger erheben. Statt auf jeder Einfahrt müsste dann einfach auf jedem Streckenabschnitt eine solche Anlage stehen. Zwar würde der Verkehr immer mal zwischendurch abgebremst, aber ich frage mich, ob das wirklich so schlimm ist – Baustellen tun das schließlich auch. Vielleicht schafft man es ja auch, die Kommunikation bei deutlich mehr als Schrittgeschwindigkeit abzuwickeln. Man müsste also die bereits existierenden Mautbrücken umrüsten und das Netz etwas ausbauen. So schwer kann das doch nicht sein! Also los jetzt! Wer setzt der Maut ein Ultimatum?

Der Vorteil aus einem solchen System ist aus meiner Sicht die nutzungsabhängige Abrechnung im Gegensatz zur pauschalen. Nur wer fährt, muss zahlen. Kein Pauschalpreis, der dazu verleitet „nun hab ich bezahlt, jetzt will ich es auch nutzen“. Wer viel fährt, zahlt viel, wer seltener fährt, zahlt weniger. Wäre das nicht fairer?

Und wenn die Grünen wirklich der Meinung sind, Autofahren solle so weit wie möglich eingeschränkt werden? Dann könnte man doch einfach mal die Kosten eines Bahntickets in Relation zu einer solchen Maut und dem Spritverbrauch setzen. Und wenn man die Bahn günstiger und bequemer macht, würden viele Leute vielleicht sogar freiwillig umsteigen, ganz ohne staatlichen Zwang. Dann sind wir alle der Meinung, dass wir ein Schnäppchen gemacht haben, und es springt dabei am Ende vielleicht sogar noch etwas Positives für die Umwelt heraus.

Nur das Problem mit dem Datenschutz müssen wir dabei noch lösen.

Artikelfoto © by Ulrike Jüngling

Christoph Jüngling

Ich bin seit über 25 Jahren selbständiger Softwareentwickler und IT-Berater. Für die Nordhessen-Rundschau schreibe ich unter anderem über IT-relevante Themen mit der Hoffnung, die Hintergründe auch für Laien verständlich zu machen. Denn besonders in der IT-Welt gilt: "Nichts ist so, wie es scheint."

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